Deutschland ist der größte europäische Markt für Drucker. Im zweiten Quartal 2012 brach der Umsatz mit Druckern in Deutschland im Jahresvergleich um 10,5% auf 1,05 Millionen verkaufte Stück ein. Das zeigen Zahlen des Branchendienstes International Data Corporation (IDC). Die Verkaufszahlen für Laserdrucker gingen um 4,9% zurück, die für Tintenstrahldrucker um 13,8%.
Damit spiegelt Deutschland einen weltweiten Trend wider: Tablet-PC und Smartphone in Kombination mit der so genannten „Cloud“ ersetzen den Drucker. Große Hersteller wie Hewlett-Packard (HPQ), Lexmark (LXK) und Seiko Epson (SEKEY) haben im Jahresverlauf ihren Aktienkurs fast halbiert.
Im Mai 2012 sagte Hewlett Packard-CEO Meg Whitman wenig überraschend: „Menschen, die Drucker besitzen, drucken zuhause immer weniger Fotos“. Wochen zuvor hatte sie in einem Telefonat mit Analysten eingeräumt, dass HP sowohl bei Druckern, als auch bei Tinte an sich, Verluste einfährt. Und das in jener Sparte, die seit jeher als die „Anlaufstelle für mehr Geld bei HP“ gegolten hatte. Im Juli 2012 lag der HP-Börsekurs auf einem 7-Jahres-Tiefststand.
Ähnlich ergeht es derzeit Lexmark: Das Unternehmen macht rund 93% des gesamten Umsatzes mit Laser- und Tintenstrahldruckern. Lexmark hatte im Juli 2012 Umsatzeinbrüche von 11% im Vergleich zum Vorjahr bekannt gegeben. Der Börsekurs des Unternehmens liegt auf einem 3-Jahres-Tiefststand. Und weiteren Hersteller wie Epson, Canon oder Xerox geht es kaum anders.
Doch nicht nur die schlechten Zahlen, auch die Begründung der Krise vereint die ehemaligen Branchengrößen: Die schwankenden Währungskurse nämlich, und die schlechte Wirtschaftslage in Europa. Aber nur damit lassen sich solche Umsatzeinbußen – besonders im Vergleich zu anderen Branchen – nicht erklären.
Der Großteil des Umsatzes für die Drucker-Hersteller kommt mittlerweile aus dem Geschäft mit Druckerpatronen. „Zubehör war immer der Gewinnbringer des Geschäftsmodells“, schreibt Lexmark im aktuellen Jahresbericht. Besonders im Privatkunden- und KMU-Bereich setzen die Drucker-Hersteller schon seit vielen Jahren auf ein Folgekosten-Geschäftsmodell, dem die Konsumenten mehr oder weniger ausgeliefert sind – denn wer seine Urlaubsfotos für die Ewigkeit erhalten möchte, muss diese drucken. Tintendrucker gibt es, ganz nach dem Modell der Nassrasierer, zu Schleuderpreisen, verdient wir erst beim Nachfüllen der Druckerpatronen. Im Gegenteil dazu sollten teurere Laserdrucker günstig in der Haltung sein.
Dass das nicht mehr so stimmt, zeigen Untersuchungen von Stiftung Warentest: So sind die Kosten für Tinte zwar seit 2003 relativ hoch stabil geblieben, die für Toner aber stetig gestiegen und mittlerweile fast am gleichen Preisniveau angekommen.
Neben dem Spiel mit den Folgekosten setzen die Drucker-Hersteller auch auf weitere Verkaufstricks: So sind bei Farbdruckern oft alle Farben in einer einzigen Patrone enthalten. Da aber kaum alle Farben in der Patrone gleichzeitig leer werden, müssen immer teure und eigentlich noch verwendbare Farbreste mit entsorgt werden. Die Hersteller setzen durch technische Vorkehrungen auch darauf, einen Kauf von Druckerpatronen bei Drittherstellern so schwer wie möglich zu machen (und verklagten in der Vergangenheit immer wieder „no-name“-Patronen-Hersteller).
Sinkende Absatzzahlen bei Druckern an sich (minus 7% bei Lexmark im Jahr 2011) führen nun aber unweigerlich auch zu sinkenden Zahlen beim Zubehör. Und Lexmark, das im Gegensatz zu HP oder Xerox ein reiner Drucker-Hersteller ist, ist dadurch besonders anfällig.
Für einen weiteren Druck auf die Hersteller sorgt der technologische Wandel: „Jene Konsumenten, die sich mobilen Endgeräten und Cloud-Computing zugewandt haben, haben wenig Verwendung für Drucker“, sagte HP-CEO Whitman. Mit dem Vormarsch von Tablet-Computern und Smartphones, und der Möglichkeit Fotoalben in der „Cloud“ zu verwahren, sinkt der Bedarf an herkömmlichen Druckern. Auch im Unternehmensumfeld führt die Verbreitung von Tablets und Smartphones, und die Möglichkeit der Zusammenarbeit über die „Cloud“, zu weniger Ausdrucken (so soll beispielsweise sogar in den deutschen Arbeitsagenturen bald nur mehr über elektronische Akten gearbeitet werden).
Dass das Spiel der Drucker-Hersteller, die Konsumenten dauerhaft zum Kauf von mehr Zubehör zu zwingen, nicht funktioniert, zeigen die Absatzzahlen und damit die Aktienkurse der Hersteller. Und die Technologie verstärkt - wie schon im Falle von Kodak - diesen Wandel. Es ist fraglich, wie lange eine einem gravierenden Wandel unterworfene Technologie ihre Profite auf Kosten der Konsumenten künstlich hochhalten kann.