Politik

Griechenland: Ärzte behandeln Patienten nur noch bei Barzahlung

Der Nationale Träger für Gesundheitsleistungen EOPYY kann seine Schulden nicht begleichen. Ab September müssen Patienten nun ihre Arztbesuche und Medikament zunächst selbst bezahlen und hoffen, dass sie das Geld irgendwann erstattet bekommen. Ein Horror für alle chronisch Kranken.
01.09.2012 23:00
Lesezeit: 1 min

Als wären die Gehalts- und Rentenkürzungen nicht genug, müssen die griechischen Bürger für ihre Gesundheit nun tief in die Tasche greifen. Der Nationale Träger für Gesundheitsleistungen EOPYY hat unbeglichene Verpflichtungen gegenüber Ärzten, Apothekern, Pharmakonzernen und privaten Kliniken in Höhe von 1,5 Milliarden Euro (Viele Kliniken stehen deswegen vor dem Aus – hier). Das Problem ist der Staat, der seine Schulden nicht begleicht. Das Ultimatum des EOPYY gegenüber dem Gesundheitsministerium ist abgelaufen. Darin hatte die EOPPY gefordert, dass bis 20. August wenigsten die geschuldeten Gelder aus dem ersten Halbjahr 2012 gezahlt werden sollten (mehr hier).

Aus diesem Grund müssen nun die Patienten ihre Arztbesuche und verschreibungspflichtigen Medikamente selbst zahlen und versuchen, das Geld hinterer bei ihrem Versicherungsträger einzufordern. Vor zwei oder drei Monaten wird jedoch kaum eine ausgelegte Summe beglichen werden. Für chronisch-kranke Patienten und Rentner mit niedrigem Einkommen ist das ein Albtraum. Ab dem 3. September werden die Ärzte, die mit EOPPY zusammenarbeiten, pro Besuch von ihren versicherten Patienten 20 Euro verlangen und auch Apotheken geben keinen Kredit mehr. Für chronisch-kranke Patienten bedeutet dies beispielsweise, 250 bis 300 Euro pro Monat aus der eigenen Tasche zahlen zu müssen.

Genau aus diesem Grund sind auch in den vergangenen Tagen die Türen bei den Ärzten und Apotheken nur so eingerannt worden, um noch vor Beginn der Aktion möglichst viele Arztbesuche vorzunehmen und Medikamente zu erhalten, ohne eigene Auslegung der Kosten. Griechischen Medien zufolge wurden allein am Dienstag vergangener Woche 270.000 Rezepte von Ärzten ausgestellt – bei Apotheken ging Medizin für 320.000 Rezepte über den Tisch. Am Donnerstag erreicht dieses Prozedere einen Höhepunkt. Zwischen 10 Uhr und 11 Uhr wurden 1.250 Verschreibungen pro Minute eingereicht.

Die EOPYY weiß sich indes nicht anders zu helfen, als anzukündigen, die Zusammenarbeit mit Ärzten, die Geld von ihren Patienten verlangen, zu stoppen und bevorzugt erst die Schulden bei den Apotheken zu begleichen, bei denen die Kunden noch kein Geld für verschreibungspflichtige Medikament vorstrecken müssen. Die Athener Medical Doctors Association warnt aber davor, dass es noch schlimmer werden könnte, und behauptet, die EOPYY werde vor Herbst 2012 keine Schulden begleichen. Während der Ärzte-Protest bisher nur bis 7. September laufen soll, ist bei den Apothekern noch unklar, wie lang die Aktion getragen werden soll, schreibt keeptalkinggreece.com.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...