Politik

Schwere Vorwürfe: EZB-Chef soll Irland zu Bailout gezwungen haben

Irische Politiker und Ökonomen glauben, dass der frühere Zentralbank-Chef Trichet den ehemaligen irischen Finanzminister in Briefen zu einem Bailout gezwungen haben soll. Der Finanzminister selbst bestätigt die Vermutungen. Trichet weist sie zurück und will eine Veröffentlichung der Briefe durch irische Medien verhindern.
05.09.2012 14:18
Lesezeit: 1 min

Aktuell: Institut: Risiken für deutsche Wirtschaft bleiben erheblich

Bevor Irland die internationalen Gläubiger um ein Bailout gebeten hat, gab es eine Korrespondenz zwischen dem damaligen EZB-Chef Jean-Claude Trichet und dem damaligen irischen Finanzminister, Brian Lenihan. Einige irische Politiker und Ökonomen glauben, dass in den Briefen, die Trichet an Lenihan sendete, Drohungen enthalten sein sollen, die Irland letztlich dazu zwangen, einen Bailout zu beantragen. Eine entsprechende Äußerung von Brian Lenihan einer Radio-Dokumentation von BBC Radio 4 weist in eine ähnliche Richtung. Dort sagte er, die EZB hatte ihn sowohl verbal als auch durch die Korrespondenz via Briefen bedroht und zwar  hinsichtlich dessen, was geschehen würde, wenn er sich weigerte einen Bailout zuersuchen. Einzelheiten nannte der ehemalige Finanzminister nicht.

Aus diesem Grund fordern etliche irische Politiker und Ökonomen, die Briefe vom damaligen EZB-Chef zu veröffentlichen. Auch irische Medien vermuten, dass an den Vorwürfen etwas dran ist. Allerdings ist es ohne eine Veröffentlichung der Briefe nicht möglich, nachzuvolllziehen, ob die EZB nur ihre Sorge über die Milliarden, die die EZB in die irischen Banken gepumpt hat, ausgedrückt hat, oder tatsächlich dem Finanzminister drohte. Doch sowohl das Finanzministerum als auch die Abteilung der EZB, die für das Recht auf Information zuständig ist, wollen bisher die Briefe nicht freigeben.

Jean-Claude Trichet sagte in einem Interview der CNN vom Dienstag, dass die Briefe „in dem Moment, in dem sie gesendet wurden, vertraulich waren". Er fügte zudem hinzu: „Ich denke, dass die Grundstimmung aller Verantwortlichen in Irland, derjenigen, die an der Spitze waren, war, dass sie wirklich etwas Hilfe im Hinblick auf den IWF und die anderen Europäer brauchten." Der aktuelle Finanzminister, Michael Noonan, hingegen sagte, er habe einen Brief gelesen und dieser „bedrohliche" Brief müsste auch veröffentlicht werden, so der irische Independent. Er fügte hinzu, dass dieser wahrscheinlich beim nächsten Bankenbericht gezeigt werden soll. Medienberichten zufolge soll der Brief mit der Beendigung der Zahlung von Not-Liquiditätshilfen durch die EZB gedroht haben, wenn die damalige Regierung sich weigerte einen Bailout zu akzeptieren, dass die Anleihegläubiger nicht an den Verlusten der Banken beteiligt.

Weitere Themen

Zeichen für Intervention: Eurogruppen-Chef nimmt an EZB-Ratssitzung teil

Deutsche Staatsanleihen finden nicht genügend Käufer

USA: Staatsschulden erreichen Rekord von über 16 Billionen Dollar

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...