Die Entscheidungen der EZB über einen erneuten Ankauf von Staatsanleihen bedrängter Schuldenstaaten fiel so aus, wie es viele erwartet hatten: Es wurde ein klassischer europäischer Kompromiss (wie übrigens präzise von Goldman Sachs vorhergesagt - mehr dazu hier). Der Anlass ist indes ernst: Der Chef der EZB, Mario Draghi erwartet eine lange Rezession sowie einen kurzfristigen Anstieg der Inflation in der Eurozone (hier) - ein Mitteilung, die in der Klarheit doch überraschte und ernsthaften Anlass zur Sorge geben muss.
Zur Verhinderung eines vorzeitigen Euro-Kollaps hat sich der EZB-Rat für so genannte „Outright Monetary Transactions" (OMT) entschieden. So wird die EZB künftig Staatsanleihen von Euroländern am Sekundärmarkt kaufen. Schließlich müsse man „in der Lage sein, die Funktionsweise der Geldpolitik in allen Ländern der Eurozone zu sichern“, so Draghi. Dies OMT „werden uns in die Lage versetzen, Verzerrungen auf den Staatsanleihenmärkten zu bekämpfen“. So könnten „zerstörerische Szenarien verhindert werden“, Szenarien, die die Preisstabilität in der Eurozone nachhaltig beeinflussen könnten. „Wir handeln strikt im Rahmen unseres Mandats.“
Der Anleihenkauf wird dadurch gekennzeichnet sein, dass er sich auf Transaktionen mit einer Laufzeit von ein bis die Jahren konzentriert und von vorneherein keine quantitativen Grenzen festgelegt werden – demnach also unbegrenzt. Draghi gab zudem an, dass die EZB wie alle anderen Anleihehalter behandelt werden soll, statt als bevorzugter Anleihegläubiger. Bedingung für das Eingreifen der EZB am Bondmarkt ist aber noch immer, dass EFSF und später EMS selbst am Bondmarkt aktiv werden. Darüber hinaus versuche man, den IWF „mit ins Boot zu holen“, so Draghi. Wöchentlich soll das Volumen der Anleihenkäufe ausgewiesen werden, über die Details zu den einzelnen Ländern sollen monatlich informiert werden. Sollten sich die entsprechenden Regierungen der betroffenen Länder nicht an die Auflagen für diese Intervention der EZB und der EU halten, behält sich die EZB vor, den Kauf zu beenden.
Die dadurch zusätzlich in den Markt gepumpte Geldmenge wird voll sterilisiert werden. Also an anderer Stelle wieder von der EZB aus dem Markt genommen werden. Dies kann die EZB, in dem sie beispielsweise andere Anleihen verkauft oder die Kreditvergabe an Geschäftsbanken einschränkt. Im Moment schöpft die EZB das zu viele Geld, das durch den ersten Anleihenkauf entstand, dadurch ab, in dem sie den Banken wöchentliche Termineinlagen mit nur 0,01 Prozent Zinsen anbietet (mehr hier).
Darüber hinaus, so der EZB-Chef, habe der Rat entschlossen, auch die geforderten Sicherheiten für den Zugang zum Eurosystem zu lockern – also die Sicherheiten, die hinterlegt werden müssen, um über die EZB Kredite aufzunehmen. Künftig sollen so auch Wertpapiere, die in anderen Währungen notiert sind, akzeptiert werden. Damit legt die EZB den Grundstein, enger mit der Fed bei künftigen geldpolitischen Maßnahmen zusammenarbeiten zu können.
Die Entscheidung fiel nicht einstimmig, Jens Weidmann widersetzte sich dem Draghi-Konzept - und bekam vom EZB-Chef ganz ungalant bei der Pressekonferenz noch eine mitgegeben (mehr zu dem Affront - hier).