Politik

Zu teuer: Private Krankenkasse wird zur Falle für deutsche Rentner

Immer weniger Rentner können sich ihre private Krankenversicherung leisten. Klaus Jacobs, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), fordert deshalb ein einheitliches Krankenversicherungssystem für alle Bürger.
25.10.2012 00:35
Lesezeit: 2 min

Wie die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK mit jeweils 1.000 zufällig ausgewählten Personen aus der privaten (PKV) und gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zeigen, hat sich sowohl in 2011 als auch in 2012 fast jeder zweite privatversicherte Rentner entweder mit einer höheren Selbstbeteiligung an den Behandlungskosten abgefunden oder aber er wählte einen neuen Tarif, in dem er weniger Leistungen erhält. 40,5 Prozent der Rentner ohne Beihilfeansprüche erhöhten demnach ihre Selbstbeteiligung oder verzichten zu 24,1 Prozent auf die Abdeckung von bestimmten medizinischen Leistungen. 16,5 Prozent der Rentner taten beides zugleich.

Als Grund nennt AOK-Institutschef Jacobs den Deutschen Wirtschafts Nachrichten eine Schere, mit der die Rentner nicht gerechnet haben, als sie die privaten Versicherungen in jungen Jahren abgeschlossen haben: „Zum einen sind die Prämien zum Teil kräftig gestiegen, und zum anderen haben manche Rentner ein deutlich geringeres Einkommen gegenüber ihrem vorherigen Erwerbseinkommen.“

Das Argument vieler Kritiker, dass es sich hier um „Jammern auf hohem Niveau“ handele, findet Jacobs „zum Teil sicher zutreffend“, ergreift aber dennoch auch Partei für die Rentner: „Wenn sich jemand mit vielleicht 30 Jahren jung - gesund und einkommensstark und womöglich noch durch besonders aggressives Marketing geködert - für die PKV entscheidet, aber 30, 40, 50 Jahre später - alt, krank und vielleicht gar nicht mehr einkommensstark - die Prämien für einen umfassenden Versicherungsschutz nicht mehr bezahlen kann, kann man wohl kaum einfach sagen: Pech gehabt, selber schuld!“ Diesbezüglich gebe es „eine Mitverantwortung der Gesellschaft, die das PKV-Geschäftsmodell ja schließlich erlaubt“.

Außerdem müsse erwähnt werden, dass „die größte Teilgruppe der Privatversicherten, nämlich die Beamten und ihre beihilfeberechtigten Angehörigen, sich gar nicht freiwillig für die PKV entscheidet, sondern faktisch dazu gezwungen ist, weil für sie in der GKV kein Arbeitgeberbeitrag bezahlt würde“.

Jacobs plädiert deshalb für einen Zusammenschluss von GKV und PKV. Er betont, dass in seiner Vorstellung „in jedem Fall ein einheitliches Versicherungssystem gerechter wäre“. Auch der unter Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung habe immer wieder hervorgehoben, ein einheitliches Versicherungssystem sei „sehr viel besser für sinnvollen Wettbewerb zwischen den Krankenversicherungen geeignet als der heutige segmentierte Krankenversicherungsmarkt“, der in GKV und PKV aufgeteilt wird.

Vorbild dafür, dass dies durchaus funktioniert, seien die Niederlande, wo man einen solchen Schritt bereits 2006 vollzogen habe. Auch in Deutschland, derzeit das einzige Land in Europa mit zwei unterschiedlichen Versicherungssystemen gleichzeitig, stünde laut Umfrage immerhin „die Mehrheit der Bevölkerung - einschließlich vieler PKV-Versicherter - der Schaffung eines einheitlichen Krankenversicherungssystems aufgeschlossen gegenüber.“ Laut Studie sind dies mit 34,8 Prozent jeder dritte PKV-Versicherte und mit 49,4 Prozent jeder zweite privatversicherte Rentner.

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