Finanzen

Rechnungen nicht bezahlt: Der EU fehlen plötzlich 9 Milliarden Euro

Am Freitagabend sind die Verhandlungen zwischen der EU und den Mitgliedsländern über das neue Budget überraschend gescheitert. Der Grund: Plötzlich aufgetauchte Rechnungen in Höhe von 9 Milliarden Euro - die nun keiner bezahlen will.
10.11.2012 00:38
Lesezeit: 1 min

Diesen Trick kennt man aus Griechenland, man kennt ihn aus Spanien: Wenn eine Regierung am Ende mit ihrem wirtschaftlichen Latein ist, zahlt sie einfach die offenen Rechnungen nicht. Während die EU-Granden Barroso und Van Rompuy bei den europäischen Schuldenstaaten auf äußerste Diziplin drängen, sieht es in ihrem eigenen Bereich nicht viel besser aus: Am Freitagabend kam es zu heftigem Streit und dem Abbruch der Budgetverhandlungen, weil Budgetkommissar Janusz Lewandowski einen Nachtragshaushalt von 8,9 Milliarden Euro gefordert hatte. So hoch seien die Rechnungen, die die EU hat liegen lassen - und für die die Mitgliedsstaaten nun aufkommen sollen. Die Briten lehnten da Ansinnen rundweg ab, weil es einer Budgeterhöhung von 9 Prozent für dieses Jahr gleichkäme - ein Unding in Zeit der national verordneten Sparkurse.

Besonders originell: Bei den Verhandlungen stellte sich heraus, dass die EU-Kommission offenbar eine Milliarde Euro so einfach mal oben draufgepackt hat. Dieses Geld wird definitiv nicht in diesem Jahr gebraucht. Die EU-Kommission ist also mit falschen Zahlen in die Verhandlungen gegangen, worüber die kritischen Ländern _ Großritannien, Schweden und die Niederlande - empört waren. Janusz Lewandowski entschuldigete den versuchten Trick mit Mißverständnissen beim Rechnen.

Abgesehen davon, dass es auch bei diesem Geld um das Geld der europäischen Steuerzahler geht, wirft der Fall die Frage auf: Wie kontrolliert die EU eigentlich die Nationalstaaten, wenn sie schon im eigenen Bereich offenkundig Schwierigkeiten mit den Grundrechnungsarten hat?

Wenig tröstlich ist, dass esden Brüsseler Bazar nur einmal in sieben Jahren gibt - so lange läuft nämlich das Budget. Denn diese lange Frist ist der eigentliche Grund, warum die EU so selbstgefällig agiert: Sie muss die Mitgliedsländer nur einmal in sieben Jahren über den Tisch ziehen überzeugen - dann kann sie mehr oder weniger unkontrolliert über die Summe von 1,000 Milliarden Euro verfügen. Aus dieser Perspektive ist der Betrag von einer Milliarde für Brüssel in der Tat eine Petitesse.

Es gab allerdings in all dem Streit am Freitag auch einen humanitären Beschluss: Die EU spendet den italienischen Erdbebenopfern 679 Millionen Euro. Woher das Geld allerdings kommen soll, wusste nach dem Beschluss niemand.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...