Politik

Türkei: Erdoğan stoppt Privatisierung, brüskiert Investoren

Die Privatisierung der Schnellfahrtstraßen und Istanbuler Brücken wird vom türkischen Staat rückgängig gemacht. Begründung: Die Objekte seien mehr wert, die internationalen Investoren wurden wieder nach Hause geschickt. Doch die wehren sich gegen die Enteignung.
26.02.2013 02:50
Lesezeit: 1 min

Das Konsortium aus Koç Holding, der malaysischen UEM Group Berhad und der Tochtergesellschaft des Lebensmittelproduzenten, Gözde Girişim, wird die zuvor im Rahmen einer Ausschreibung für 25 Jahre erworbenen acht Autobahnen und zwei Brücken am Bosporus, nicht in Betrieb nehmen können.

Das Betriebsrecht wurde vom obersten türkischen Privatisierungsrat (ÖYK) ausgesetzt. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan ist der Ansicht, dass der Kaufpreis nicht stimmt. Denn der Staat verdiene ohnehin viel Geld durch die Schnellstraßen und Brücken und die zugehörigen Einrichtungen wie Wartungs-, Maut- und Überwachungszentren. Warum sollte man dann nicht mehr verlangen? „Wir haben höhere Kaufpreiserwartungen“, zitiert die Hürriyet den türkischen Premier. Diese Entwicklung kommt überraschend, da sich die AKP immer als wirtschaftsliberale Regierungspartei präsentiert hatte. Unternehmergeist und freie Marktwirtschaft waren ihre Markenzeichen.

In einer Mitteilung, die der DWN vorliegt, äußerte sich das Konsortium zur Entscheidung des ÖYK. Der annulierte Kauf im Wert von 5,7 Milliarden Dollar werde hingenommen. Das Konsortium blicke optimistisch in die wirtschaftliche Zukunft der Türkei. Deshalb hatte man sich zum Erwerb der Schnellstraßen und Brücken entschieden. Die drei Unternehmen bereiten sich derzeit „gründlich“ darauf vor, die hohe „materielle“ Verantwortung zu übernehmen. Offenbar möchte das Konsortium auf seinem Recht beharren und die türkische Regierung zum Umdenken bewegen.

Die im Dezember abgeschlossene Privatisierung beinhaltete im Einzelnen die Schnellstraßen Edirne-İstanbul-Ankara, Pozantı-Tarsus-Mersin, Tarsus-Adana-Gaziantep, Toprakkale-İskenderun, Gaziantep-Şanlıurfa, İzmir-Çeşme, İzmir-Aydın Otoyolu, İzmir-Ankara Çevre Otoyolu, sowie die  Boğaziçi- und Fatih Sultan Mehmet Brücken. Die Koç Holding und UEM hatten jeweils 40 Prozent der Anteile erworben, wohingegen Gözde Girişim nur 20 Prozent zufielen.

Unabhängig von den Verkaufsverhandlungen stellt sich die Frage, ob es für die Bürger nicht angenehmer wäre, wenn die Straßen und Brücken so schnell wie möglich in private Hände gelegt werden? Denn bisher ist es dem türkischen Staat nicht gelungen den Verkehrschaos in Istanbul in Griff zu bekommen. Dem Staat fehlt jeglicher Aktionsplan. Zudem behindern langanhaltende Reparaturmaßnahmen an den Brücken den Alltag der Istanbuler Pendler. Der Bürgermeister Kadir Topbaş trägt seinen Anteil dazu bei. Während im Juli 2012 die Millionenmetropole im Verkehrschaos versank, machte er - weitab vom stressigen Alltag - Ferien am Schwarzen Meer

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel: Trump erklärt Nahost-Konflikt für beendet
24.06.2025

US-Präsident Trump verkündet Waffenruhe zwischen Iran und Israel. Nach schweren Angriffen könnte der Zwölftagekrieg beendet sein. Was...

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel: Den Haag wird zur Festung - Sorge vor digitaler Sabotage
24.06.2025

Die Niederlande erwarten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten – auch US-Präsident Donald Trump. Wegen der hochkarätigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sondervermögen Infrastruktur: Wo gehen die 500 Milliarden Euro hin?
24.06.2025

Deutschland hat Infrastrukturprobleme. Das geplante Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Mrd. Euro soll in den nächsten zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...