Finanzen

Vernichtendes Urteil: JPMorgan hat bei Derivaten-Skandal alle belogen

Der Untersuchungs-Ausschuss des US-Senats hat am Donnerstag ein vernichtendes Urteil über die Investment-Bank JPMorgan und ihren Chef Jamie Dimon gefällt: Die Bank habe vor dem Verlust von 6,2 Milliarden Dollar durch den „Wal von London“ die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörden systematisch in die Irre geführt. Der Bericht wirft ein grelles Schlaglicht auf die Methoden der internationalen Banken.
15.03.2013 01:01
Lesezeit: 2 min

Der 300 Seiten starke Untersuchungsbericht eines Verlusts von 6,2 Milliarden Dollar bei JPMorgan ist ein erschütterndes Sittenbild über die Methoden der Investment-Bank. JPMorgan galt bis zu dem Bericht als eine der bestgeführten Banken an der Wall Street.

Nun aber kommen die Senatoren unter der Führung des Demokraten Carl Levin zu einem vernichtenden Urteil: Der „Wal von London“, wie der Schurken-Händler Bruno Iksil genannt wurde, war mitnichten ein außer Kontrolle geratener Einzeltäter: Nachdem Iksil und das Londoner Chief Investment Office (CIO) Alarm geschlagen hatte und Dimon darüber in Kenntnis setzte, dass massive Verluste aus den hochriskanten Derivaten-Geschäften drohten, habe Dimon das Thema heruntergespielt. In einer Analysten-Konferenz sagte Dimon, es handle sich um einen „Sturm im Wasserglas“ (mehr hier zum Dimon-Skandal).

Insgesamt kam es zu dem Desaster, weil die Bank systematisch alle Beteiligten über die Risiken belogen hat. Investoren und Regulatoren seien bewusst in die Irre geführt worden. Die Kasino-Geschäfte waren als Wetten deklariert worden, die durch andere Positionen abgesichert waren. Es seien immer neue Tricks entwickelt worden, um die Öffentlichkeit zu täuschen.

Der Bericht zeigt, dass die Investment-Banken im Grunde kriminell agieren. Das völlige Versagen jeglicher interner Kontrolle und die Täuschung der Öffentlichkeit können nicht mehr einem einzelnen Täter in die Schuhe geschoben werden. Dies hatte vor allem Dimon monatelang versucht. Die durchdachte Methode, andere zu täuschen, ist ein systemischer Defekt.

Die Investorin Janet Tavakoli sagte zu den kriminellen Methoden der Investment-Banker: „Zu etwa gleichen Teilen sind das Betrug, Mangel an Wissen über die Schwächen der Modelle und die Möglichkeit, das System auszutricksen. Durch die Hebelwirkung kommt es zu einer sehr volatilen und destruktiven Kombination, wenn es einmal falsch läuft. Solange alles gut geht, behaupten die Leute, sie seien Genies, und sie machen nichts anderes als Bilanzen zu hebeln.“ (das ganze Interview mit den DWN - hier)

Man kann davon ausgehen, dass der Fall des Wal von London kein exotischer Einzelfall ist. Er zeigt, von der Kommission akribisch aufgearbeitet, dass das System der globalen Finanz-Kasinos im Kern verfault ist.

Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass es zu strafrechtlichen Verfolgungen kommt. Die Haupt-Täter um Bruno Iksil waren nicht vor dem Ausschuss erschienen. Senator Levin sagte, dass die US-Behörden keinen Zugriff auf die Banker hätten, weil sie außerhalb der Vereinigten Staaten leben.

Der gesamte schockierende Bericht im Original (englisch) - hier.

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