Finanzen

Schlechtes Gewissen: Raiffeisen-Banker zahlt Teil seines Gehalts zurück

Lesezeit: 4 min
10.04.2013 00:48
Der Chef der österreichischen Raiffeisen-Bank zahlt zwei Millionen Euro aus seinem Gehalt von 2012 zurück. Die Bank ist unter Druck - vor allem wegen Derivaten-Geschäften in Osteuropa. Man sollte sich Optionen überlegen, wenn man bei dieser Bank sein Geld deponiert hat.
Schlechtes Gewissen: Raiffeisen-Banker zahlt Teil seines Gehalts zurück

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Der Chef der österreichischen Raiffeisen Bank, Herbert Stepic, hat zwei Millionen Euro aus seiner Jahresgage an das Unternehmen zurückgezahlt. Seine Gesamtgehalt von 4,9 Millionen Euro hat für erheblichen Unmut in dem Unternehmen gesogt.

Der Standard aus Wien berichtet:

Den Grund für die Rückgabe erklärte Stepic in der E-Mail so: "Da eine Jahresvergütung in dieser Höhe ... nicht im Einklang mit meinem eigenen Selbstverständnis sowie dem Wertefundament unserer Bankengruppe steht", habe er das Gespräch mit dem Aufsichtsratschef (RZB-Chef Walter Rothensteiner) und dem Personalausschuss des Aufsichtsrats gesucht. Gemeinsam habe man "eine teilweise Rückzahlung als angemessene Reaktion auf diese Situation identifiziert". Er habe die zwei Millionen Euro auch bereits überwiesen, schrieb der Banker, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass "meine Vergütungen deutlich unter dem für 2011 erhobenen Durchschnittswert für CEOs des EuroStoxx 50 von 6,5 Mio. Euro liegen".

Im Nachhinein stellt sich heraus, dass das hohe Gehalt wohl weniger mit dem Einklang des Bankers mit dem Wertefundament seines Unternehmens, sondern vielmehr mit der Tatsache zu tun haben dürfte, dass Stepic sich das Gehalt offenbar am Aufsichtsrat vorbei genehmigt hat. Der soll von der Summe erst erfahren haben, als der Geschäftsbericht bereits gedruckt war. Die Bank musste vom österreichischen Steuerzahler gestützt werden, weil sie sich in Osteuropa verspekuliert hat.

Man fragt sich unwillkürlich, welche Art von Aufsicht ein Bank-Aufsichtsrat eigentlich ausübt, wenn so etwas möglich ist.

Hintergrund der edlen Handlung: Der Bank geht es schlecht - unter anderem, weil sie enorme Probleme mit ihren Derivaten hat.

2012 vermeldete die Raiffeisen Bank International (RBI) einen Konzernüberschuss von 725 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hatte die Bank allerdings schon einen Gewinn von über 840 Millionen Euro erwirtschaftet. Das bedeutet der Konzern schrieb im letzten Quartal 2012 ein Minus in dreistelliger Millionenhöhe – ein Novum seit dem Börsengang der RBI im Jahr 2005. Mit 725 Millionen Euro liegt der Jahresgewinn 2012 ein Viertel unter dem des Vorjahres.

Die Bank spricht von einem „herausfordernden“ 4. Quartal. Eine Neubewertung von Derivaten schmälerte den Umsatz um etwa 30 Millionen Euro. Auch im wichtigen Ostgeschäft gab es Verluste. In Ungarn, Polen und der Ukraine waren die letztjährigen Kreditabschreibungen am höchsten. Vor allem die Ukraine ist ein Problemfeld für den Konzern. Die RBI musste den Firmenwert ihrer ukrainischen Tochterbank Aval um 29 Millionen Euro nach untern korrigieren. 2005 hatte die RBI die Aval-Bank und ihre drei Millionenkunden übernommen. Der Kaufpreis lag damals bei rund 780 Millionen Euro.

Österreichische Banken wie Raiffeisen, Erste Bank und Bank Austria sind in Osteuropa traditionell stark vertreten. Die Raiffeisen Bank International sieht Zentral- und Osteuropa als ihren Heimmarkt. Das Unternehmen ist dort in 17 Ländern tätig. Damit ist die Raiffeisen Bank International die zweitgrößte Bank in Osteuropa.

Berechnungen zufolge verloren österreichische Banken, nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2008, über eine Milliarde Euro allein in der Ukraine. In keinem anderen osteuropäischen Land kämpfen die Finanzkonzerne mit so vielen faulen Krediten. Laut einer Studie der Bank Austria gibt es bei 30 Prozent aller vergebenen Darlehen Rückzahlungsprobleme. Auch die RBI schrieb Verluste in der Ukraine, wenn auch nicht so hohe wie ihre Konkurrenten Erste Bank und Bank Austria.

Die RBI hält zudem noch immer 1,75 Milliarden Euro aus der Bankenhilfe. Der österreichische Staat hatte das Bankenpaket in Höhe von 21 Milliarden Euro zu Beginn der Krise 2008 geschaffen, um schlingernde Finanzinstitute wie die RBI zu stabilisieren. Die Raiffeisen Bank hat dieses Steuergeld bis heute nicht zurückgezahlt.

Trotz des schlechten Ostgeschäfts und den ausstehenden Rückzahlungen an den Staat, will die Bank in der Ukraine tätig bleiben. Erst kürzlich verstärkte sich die RBI in Rumänien mit der Übernahme des lokalen Privatkundengeschäfts der Citi-Bank. Über 100.000 Kunden fielen so an die RBI. Zudem plant die Geschäftsführung für 2012 eine Auszahlung der Dividende von 1,17 pro Aktie. Die Aktie der RBI fiel seit Jahresbeginn um 20 Prozent.

Raiffeisen-Kunden - das sind in Österreich vor allem viele kleine und mittelständische Unternehmen - werden mit Sorge verfolgen, wie es mit der Bank weitergeht. Die Pläne zur EU-Bankenrettung sehen vor, dass Anleger und Aktionäre künftig bei Rettungen automatisch zur Kasse gebeten werden (hier).

Update:

Die Stellungnahme des Pressesprechers der RBI im Wortlaut:

Als Verantwortlicher für PR und Marketing der Raiffeisen Bank International (RBI) bin ich natürlich befangen, möchte aber einige Punkte dieses ziemlich negativen (man könnte auch sagen: gehässigen) Artikels dringend klarstellen:

1. Es ist grundsätzlich falsch, dass sich der Vorstandsvorsitzende Stepic sein Gehalt selbst genehmigt. Das ist Sache des Aufsichtsrates, der alle Bezugskomponenten abgesegnet hat. Der Beitrag des Aktienprogrammes bildete durch Einmaleffekte mit rund 2,2 Millionen einen außerordentlich und einmalig hohen Beitrag zu den Gesamtbezügen des Jahres 2012.

2. Die RBI hat 2009, in einer Phase, in der die Finanz- und Kapitalmärkte auch für gesunde Banken ausgetrocknet waren, wie andere Banken in Österreich staatliches Partizipationskapitlal erhalten, für das sie eine jährliche Dividende von 8 Prozent abführt und das sie auch zurück zahlen wird.

3. Trotz neu eingeführter Bankenabgaben in zahlreichen Märkten (2012 machten diese rund EUIR 160 Mio aus) hat die RBI seit 2008 einen durchschnittlichen Jahresüberschuss von über EUR 800 Millionen erwirtschaftet. Im letzten Quartal 2012, das auf Grund einiger Einmaleffekte keine Indikation für die kommenden Quartale vorgeben sollte, hat die RBI erstmals einen Verlust erwirtschaftet.

4. Die RBI hat sich nicht mit Derivaten in Osteuropa verspekuliert, diese Behauptung ist schlichtweg falsch! Die RBI ist in 15 Märkten der Region mit Banken aktiv, alle Länder mit Ausnahme Ungarns und Sloweniens bilanzieren positiv. Die Situation in der Ukraine ist herausfordernd, durch ein rechtzeitiges Gegensteuern sind wir aber eine der wenigen Banken, die sich gut schlägt.

5. Die Behauptung, dass das Ostgeschäft schlecht sei, ist falsch und irreführend. Osteuropa bleibt die Wachstumsregion Europas, die RBI ist in dieser Region gut positioniert und die Ergebnisse der letzten Jahre.

6. Die RBI ist in Österreich eine Großkundenbank, KMU und kleine Unternehmen werden von lokalen Raiffeisenbank und den regionalen Raiffeisenlandesbanken serviciert.

Freundliche Grüße aus Wien

Michael Palzer


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