Politik

Volksentscheid in Hamburg: Bürger wollen Strom-Netz zurück

Die Hamburger dürfen über die Rückführung ihres Strom-Netzes in die öffentliche Hand abstimmen. Die Privatisierung hat keine Vorteile für die Verbraucher gebracht. Die Bürger wollen Vattenfall das Strom-Netz wieder abjagen. Aber das ist mit Aufwand und hohen Kosten verbunden.
23.04.2013 08:43
Lesezeit: 2 min

Durch die Sammlung von 116.000 Unterschriften für die Wiederverstaatlichung des Stromnetzes wurde das Volksbegehren angenommen. Nun kommt es noch einmal darauf an, wie die Hamburger am 22. September abstimmen werden. Denn dann findet nicht nur die Bundestagswahl statt, sondern auch die Entscheidung über die Zukunft der Energie in der Hansestadt, berichtet Deutschlandradio.

Die Kosten für diese Entscheidung sind hoch: Der Rückkauf der Strom-Infrastruktur vom Energiekonzern Vattenfall und  des Gas-Netzes von E.On soll zwei Milliarden Euro kosten. Für den Erhalt von Arbeitsplätzen und für ein Veto-Recht bei allen wichtigen Entscheidungen hat das Bundesland bereits 540 Millionen Euro ausgegeben. Zusätzlich werden noch 1,6 Milliarden Euro aufgebracht werden müssen, um in neue Kraftwerke und Stromspeicher investieren zu können. Die Kosten für die Energiewende sind seit dem geplanten Atomausstieg bundesweit explodiert (mehr hier).

Denn die Stromkonzerne weigern sich, die Kosten für die Energiewende in Deutschland selbst zu tragen. E.On und RWE haben ihre Investitionen in regenerative Energien reduziert. Zu hohe Schulden seien der Grund (mehr hier). Trotzdem produzieren die Konzerne Strom im Überfluss, der ins Ausland exportiert wird. Die Gewinne streichen sie ein, die Kosten für die Energiewende werden als Aufschläge auf den Strompreis an die Verbraucher weitergegeben (hier). Eine Rückverstaatlichung der Energie-Infrastruktur in Hamburg ist also keine schlechte Idee, wenn man dadurch langfristig die Preise stabilisieren kann.

Das ist jedoch noch nicht abzusehen (hier). Was auf einen erfolgreichen Volksentscheid in Hamburg folgt, ist „Krieg mit den Versorgern. Das ist das, was die Bürger wollen“, sagte Andreas Dressel von der SPD. Denn die Energiekonzerne werden ihre Vormachtstellung in Hamburg, die sie seit der Privatisierung der Hamburgischen Electricitätswerke vor elf Jahren erhalten haben, nicht einfach so aufgeben. Alle bisherigen Vereinbarungen wären hinfällig, es gäbe jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen.

Dabei ist noch gar nicht klar, ob Hamburg nach einem erfolgreichen Volksentscheid überhaupt in der Lage ist, das Stromnetz zurück zu erobern: Die Konzession muss erst neu ausgeschrieben werden. Daraufhin darf sich jeder innerhalb Europas darauf bewerben. Am Ende könnten dieselben Energiekonzerne die Konzession erhalten, die die Stadt nun vertreiben will. „Wir werden uns auf die Konzession auf jeden Fall wieder bewerben“, sagte Pieter Wasmutz, Generalbevollmächtigter von Vattenfall in Norddeutschland.

Was also am Ende des langen Prozesses herauskommt, ist unklar. Ein ähnliches Szenario zeichnet sich in Berlin ab. Auch hier haben die Bürger die Möglichkeit, bis zum 10. Juni die notwendigen Unterschriften für einen Volksentscheid zu sammeln. Auch hier sind die Kosten für einen Rückkauf kaum abzusehen: „Der Kaufpreis ist noch unklar, könnte aber irgendwo zwischen 400 Millionen und einer Milliarde liegen“, sagte Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietisches.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...