Deutschland

Der Bluthund winselt: ZDF-Kleber wirft sich vor CSU-Seehofer in den Staub

ZDF-Moderator Claus Kleber hat sich bei CSU-Chef Horst Seehofer für eine nach Ansicht des bayrischen Ministerpräsidenten ungebührliche Aussage entschuldigt. Der Kotau zeigt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender keine kritische Berichterstattung betreiben, sondern sich in politische Spielchen verstricken. Dieses System zersetzt die Demokratie.
14.05.2013 01:49
Lesezeit: 3 min

Horst Seehofer, bayrischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender, attackiert das ZDF. Der Grund: Heute-Journal Moderator Claus Kleber hatte in einer Anmoderation zum CSU-Parteikonvent gesagt, dass die CSU noch eilends Passagen aus einem Video geschnitten hätte, die Bezug auf Uli Hoeneß genommen hätten.

Seehofer qualifiziert dieses Verhalten mit deftigen Worten: Diese Moderation sei, „wie wenn man auf der Treibjagd ist, und die Bluthunde wittern eine Blutspur. Da wird nicht mehr links und rechts geschaut, das ist schlimm. Wir lassen nicht mit uns Schlitten fahren.“

So schnell konnte Seehofer gar nicht bellen, da winselte der Bluthund Kleber schon und erklärte: „Ich habe die Darstellung einiger Medien, nach der die CSU einen Video-Film in letzter Minute noch umarbeiten ließ, in meiner Moderation aufgegriffen und ungeprüft übernommen. Das hätte mir nicht passieren dürfen.“

Wer waren diese Medien?

Das ZDF erklärte in einer Stellungnahme, dass es für den Hinweis auf „Umschnitte“ im Zusammenhang mit Uli Hoeneß „nur eine Quelle (DLF)“ gegeben hätte: „Ein Dementi war nicht bekannt. Es war ein Fehler der Redaktion, dass dazu keine Reaktion der CSU eingeholt wurde.“

Die peinlich-ängstliche Reaktion von Kleber und dem ZDF ist auf einen offenen Brief des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt zurückzuführen. Darin fragt Dobrindt, aufgrund welcher Recherchen Kleber diese Aussage gemacht habe, und ob „dem ZDF das zwischenzeitlich veröffentlichte Dementi der CSU nicht bekannt“ gewesen sei.

Die Quelle ist der Deutschlandfunk, ebenfalls ein öffentlich-rechtlicher Sender. Im Allgemeinen ist der DLF für seine solide, etwas behäbige Arbeit bekannt. Es ist schwer vorstellbar, dass der DLF diese Aussage erfunden haben soll.

Eine entsprechende Passage war auf der Internet-Seite des DLF am Montagabend nicht auffindbar.

Der Fall illustriert beispielhaft, warum Medien unter der Kuratel von politischen Parteien keine ordentliche politische Berichterstattung betreiben können.

Warum haben sich ZDF und Kleber so schnell selbst gegeißelt? Die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten Milliarden über die GEZ. In jedem Medium, das sein Geld selbst verdienen muss, und das wirklich unabhängig ist, wäre das nicht passiert: Man hätte erstens beim DLF nachgefragt, am besten vor der Moderation. Wenn nicht vorher, dann aber nachher. Dann hätte man zumindest eine klare Faktenlage gehabt.

Das Problem: Der Bericht im ZDF war in der Tat ideologisch getrieben. Die CSU-Veranstaltung wurde von einem „Eventmanager“ kommentiert. Man fragt sich: Gibt es unter den tausenden Journalisten nicht einen einzigen Menschen, der in der Lage ist, die CSU-Veranstaltung einzuordnen? Der betreffende Event-Manager Axel Wolfrum überdies denkbar ungeeignet: Denn auf seiner Website ist zu erkennen, dass seine Agentur unter anderem bereits für das ZDF gearbeitet hatte. Das erwähnte das ZDF nicht, und stellte Herrn Wolfrum als scheinbar unabhängigen Experten dar.

Sehr unangenehm, und ein Beleg dafür, wie die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren Netzwerken arbeiten: Sie verteilen üppige Aufträge zur Selbstinszenierung, und lassen dann die Begünstigten als „unabhängige Experten“ auftreten.

Es ist schwer vorstellbar, dass das ZDF dem Experten nicht vorher gesagt hatte, wie er den CSU-Event bewerten solle. Wolfrums Agentur hat übrigens auch schon für die Bayrische Staatskanzlei gearbeitet.

Ob Seehofer noch einer seiner Kunden ist, geht aus der Selbstdarstellung der Agentur nicht hervor.

Außerdem verstieg sich Kleber in seiner Moderation zu einem völlig schwachsinnigen Vergleich, der selbst bei RTL2 einer minimalen Redaktions-Kontrolle aufgefallen und entfernt worden wäre. Kleber: „Selbst bei schummrigster Beleuchtung würde kaum jemand Horst Seehofer mit Barack Obama verwechseln. Dafür sind die beiden doch auf zu verschiedene Weise schwarz.

Das ist ja nun das schäbigste Wirtshaus-Niveau und würde, wenn es bei einem Privatsender passiert, von den öffentlich-rechtlichen Sittenwächtern als rassistisch gebrandmarkt.

Kleber war merkwürdig erregt bei seiner Moderation – und der Beitrag über die CSU hatte nur eine Absicht: Er sollte die CSU unterschwellig diskreditieren.

Seehofers Reaktion ist natürlich ganz und gar unangemessen. Medien als Bluthunde zu bezeichnen, nachdem in Bayern gerade wieder mal eine weitreichende Amigo-Affäre aufgeflogen ist, ist eine Frechheit.

Daher kann man auch den „Dementis“ nicht glauben: Zum einen ist das von Dobrindt angeführte Dementi ebenfalls nicht im Internet zu finden – zumindest nicht mit einem vernünftigen Recherche-Aufwand. Zum anderen ist ein Dementi von einer Partei keine Garantie dafür, dass sie die Wahrheit sagt.

Der Vorfall zeigt: Die Politiker betrachten die Öffentlich-Rechtlichen als ihr Eigentum. Das ist kein Einzelfall, sondern ein systemisches Versagen, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie der gewerkschaftsnahen Otto Brenner-Stiftung zeigt.

Etliche mediale Akteure bei den Sendern ihrerseits sind Entertainer, die vom Steuerzahler durchfinanziert werden.

Sie sind keine Bluthunde, sondern allenfalls Schoßhündchen, die gelegentlich schrill kläffen, wenn ihnen – wie in diesem Fall das rot-grüne Herrchen - die besseren Leckerlis reicht. Wenn das schwarze Herrchen dann schimpft, werfen sich die Hündchen auf den Rücken und betteln um Nachsicht.

Die politischen Parteien haben das System fest im Griff. Die Sender wissen, wer ihre Herren sind und verzetteln sich in politischen Spielchen, die alles bringen – bloß keine Aufklärung.

Für den Wahlkampf bedeutet dies nichts Gutes: Mit der Zwangsgebühr durchfinanziert, treiben Sender und Politiker ihr eigenes Spiel. Die Regeln richten sich nach den Kriterien von Machterhalt und Karriere-Sprüngen.

Die öffentlich-rechtlichen Sender sind in diesem Zustand keine Garanten der Demokratie. Wir haben es beim Erfinder der Demokratie-Abgabe, Jörg Schönenborn, und seinem hilflosen Interview mit Putin erlebt.

In dieser Form wirken einige Akteure der Sender zersetzend für eine echte Demokratie.

Vielleicht leisten sie so allerdings ungewollten einen finalen Dienst an einem außer Kontrolle geratenen, unkontrollierten System: Sie befördern den Ruf nach der Abschaffung eines durchpolitisierten, vom Steuerzahler zu finanzierenden Medien-Systems.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell auf Höhenflug trotz drohender US-Handelszölle
07.07.2025

Der DAX überrascht mit einem starken Anstieg über 24.000 Punkte – und das trotz drohender US-Zölle. Wie reagieren Investoren auf die...