Politik

EU attackiert IWF: „Haben bei Griechenland alles richtig gemacht“

Die Troika ist tief zerstritten: Die EU wirft dem IWF nun vor, die vernetzte Struktur der Staaten nicht zu verstehen. Eine Umschuldung Griechenlands sei 2010 nicht angebracht gewesen. Die Akteure zweifeln wohl selbst an der Effektivität ihrer Rettungsaktion.
07.06.2013 11:43
Lesezeit: 1 min

Die Behauptungen des IWF, die EU habe beim Bailout eine falsche Strategie angewendet, wurde von der EU-Kommission scharf zurückgewiesen. „Wir sind da fundamental anderer Meinung", sagte Simon O’Connor, Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn einem Bericht der FT zufolge. „Eine Umschuldung griechischer Schulden sei 2010 „nicht wünschenswert gewesen.“

Ein geheimer Bericht des IWF, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, kritisierte die Vorgehensweise der EU: Demnach wäre eine sofortige Umschuldung Griechenlands günstiger für die europäischen Steuerzahler gewesen (mehr hier). Trotz der Milliardenhilfen der Troika ist die Schuldenlast in Griechenland bislang immer noch nicht tragfähig.

Der IWF-Bericht „ignoriert die vernetzte Natur der Euro-Staaten“, sagte O’Connor. Eine private Umschuldung „hätte das Risiko einer systemischen Ansteckung zu diesem Zeitpunkt erhöht.“ Zahlreiche europäische Banken haben faule Kredite aus Griechenland in ihren Bilanzen. Das Risiko einer Kettenreaktion beim Ausfall einer Bank war das grundlegende Argument für die Rettungsaktion durch Milliardenzahlungen an die griechische Regierung.

Auch die EZB wies die Schuldzuweisungen von sich. Im Nachhinein sei man immer schlauer, sagte Mario Draghi: „Das Risiko der Ansteckung sei vor drei Jahren jedoch viel höher gewesen.“ Für vergangene Aktionen müsse sich die EZB aber nicht entschuldigen. Jeder müsse aus der Vergangenheit „seine Lehren ziehen“.

So wie der IWF selbst: In dem Bericht gestand der Währungsfonds, die Wirtschaftsprognose für Griechenland Jahr für Jahr geschönt zu haben. Das Geständnis kam dem Versuch einer Entschuldigung dafür gleich, die Bürger der EU immer wieder aufs Neue hinters Licht geführt zu haben (mehr hier).

In Griechenland geht ungeachtet der gegenseitigen Schuldzuweisungen die Rettungsaktion in die nächste Episode. Die Troika will nächste Woche über die Auszahlung der nächsten Hilfstranche von 3,3 Milliarden Euro entscheiden. Der griechische Premierminister Antonis Samaras will der Troika weismachen, dass „die Fehler des letzten Jahres korrigiert“ worden seien.

Die Einsparungen im öffentlichen Dienst scheint Samaras dabei übersehen zu haben. In 2012 sollten 4.000 Beamte entlassen werden, um Ressourcen einzusparen, Bürokratie abzubauen und Korruption einzudämmen. Bislang konnte die Regierung sich nur von 99 Beamten trennen (hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Berkshire Hathaway nach Buffett: Ein Imperium ohne seinen Architekten – droht der Zerfall oder folgt ein neuer Aufstieg?
19.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära – und möglicherweise beginnt eine neue. Doch die Märkte reagieren nervös: Wie viel...

DWN
Politik
Politik Wahlen in Polen: Enges Rennen bei der Präsidentschaftswahl in Polen - es kommt zur Stichwahl
18.05.2025

Bei den Wahlen in Polen liefern sich der liberale Rafal Trzaskowski und der konservative Karol Nawrocki laut aktuellen Prognosen ein...

DWN
Politik
Politik „Trump ist nur eine Episode“: Boltons Abrechnung mit dem Mann im Weißen Haus
18.05.2025

Während Europa nervös auf jeden Tweet aus Washington reagiert, warnt Ex-Sicherheitsberater John Bolton: Nicht Trump sprengt die NATO –...

DWN
Technologie
Technologie Cyberkriminalität: Nur ein Klick von der Katastrophe entfernt
18.05.2025

Cyberkriminalität ist zur globalen Supermacht aufgestiegen – mit höherem Schaden als die Volkswirtschaften Deutschlands und Japans...

DWN
Panorama
Panorama Whisky – die stets liquide Luxus-Geldanlage
18.05.2025

Wein, Uhren, Schmuck, Handtaschen, Kunst, Oldtimer – es gibt viele Möglichkeiten, in alternative Geldanlagen zu investieren. Die meisten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Marokko als chinesisches Tor zur EU – doch Handelskrieg könnte Riegel vorschieben
18.05.2025

Peking investiert Milliarden in Marokkos Industrie – doch geopolitische Spannungen und der drohende Protektionismus eines möglichen...

DWN
Politik
Politik Gefängnis, Gericht, Geschichte – Stammheim 50 Jahre nach dem RAF-Prozess
18.05.2025

Vor 50 Jahren begann in Stammheim der RAF-Prozess – ein juristisches Mammutverfahren gegen den Terror. Wie viel Rechtsstaat blieb im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Analyse: „Die alte Weltordnung ist am Ende – und sie wird nicht zurückkehren“
18.05.2025

Das Zeitalter des freien Welthandels ist vorbei – die Welt wird neu vermessen. China produziert, die USA rüsten sich, und Europa...