Aktuell: Türkei: Stellvertretender Premier droht mit Einsatz der Armee
Eine der größten Arbeitergewerkschaften in der Türkei, die Kamu Emekçileri Sendikaları Konfederasyonu (KESK), hat gemeinsam mit der Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften der Türkei (DİSK) an diesem Montag zu einem Nationalstreik aufgerufen.
Große Kundgebung in Tünel erwartet
Allein die KESK verfügt über rund 240.000 Mitglieder. Von Seiten der DİSK kommen noch einmal etwa 300.000 Mitglieder hinzu. Drei andere Organisationen, die Ärzte (TTB), Ingenieure (TMMOB) und Zahnärzte (TDHB) vertreten, wollen sich ebenfalls an der Aktion beteiligen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Geschlossen, so berichtet die Financial Times, wolle man gegen die gewaltsame Vertreibung der Demonstranten vom Istanbuler Taksim Platz protestieren. Insgesamt, so schätzt derweil die türkische Zeitung Zaman, könnte sich die Anzahl der Streikenden auf gut 800.000 Personen belaufen. Gegen 16 Uhr (Ortszeit) werde eine Versammlung in Tünel, im Istanbuler Stadtteil Beyoğlu erwartet. Notfälle, so heißt es weiter, würden jedoch nicht abgewiesen.
Unterdessen hat auch die Istanbuler Börse auf die jüngsten Vorkommnisse reagiert. Nach einer kurzzeitigen Entspannung am vergangenen Freitag, fiel der Aktienindex bereits am Vormittag um 1,9 Prozent. Insgesamt hat er damit in diesem Monat bereits 8,7 Prozent eingebüßt. Die Renditen für zweijährige Lira-Anleihen sprangen um 18 Basispunkte auf 6,39 Prozent.
Proteste fordern bisher mehr als 5000 Verletzte
Nach Angaben türkischer Menschenrechtsorganisationen haben die seit mehr als zwei Wochen andauernden Proteste mittlerweile fünf Menschenleben gekostet. Mehr als 5000 sollen verletzt worden sein.
Innenminister Muammer Güler hat auf die jüngsten Gewerkschafts-Ankündigung bereits reagiert. Er verlangt, so berichtet NTV, dass die Beamten und Arbeiternehmer sofort aufhören, illegalen Aktionen nachzugehen. Andernfalls müssten sie mit Konsequenzen rechnen:
„Es gibt Bemühungen, mit der Niederlegung der Arbeit und mit Streiks, die Menschen auf die Straßen zu bringen. Das wird nicht zugelassen. Es gibt doch keine legale Aktion der fünf Gewerkschaften, welche Aktion sollen wir also genehmigen? Seit wann gibt es das Recht, sich jeden Tag zu versammeln und zu demonstrieren, wodurch öffentliche Plätze und Straßen, die öffentliche Ordnung gestört und das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht wird? Kann es so etwas geben?“
Erst Anfang Juni hatte die KESK auf Grund der anhaltenden Auseinandersetzungen im Land zu einem zweitägigen Streik aufgerufen. Mit der Aktion hatte die linkgsgerichtete Konföderation die Anti-Regierungs-Proteste unterstützt. Das Vorgehen der Polizei wurde als „Staatsterror“ bezeichnet.