Seit Monaten läuft die Debatte über eine neue Wehrpflicht. Die Zahl der Menschen, die den Kriegsdienst verweigern, steigt derweil laut einem Bericht weiter an.
Wehrpflicht-Debatte sorgt für Kriegsdienstverweigerung
Beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), das für die Anträge zuständig ist, stieg die Zahl der Gesuche deutlich an: Bis Ende Juni gingen 1.363 Anträge auf Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung ein, teilte eine Sprecherin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit.
Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr waren es 2.241 Anträge, 2023 noch 1.079 und 2022 lediglich 951.
„Klares Zeichen gegen Zwangsdienst“
Für Michael Schulze von Glaßer, politischen Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), ist die Entwicklung eindeutig: „Die steigende Zahl der Kriegsdienstverweigernden zeigt die berechtigte Sorge vieler Menschen vor einem neuen Zwangsdienst. Es ist ein klares Zeichen gegen die Reaktivierung der Wehrpflicht.“
Wehrdienstmodell: Pistorius setzt auf Freiwillige
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will junge Menschen mit einem freiwilligen Wehrdienstmodell für die Bundeswehr gewinnen. Er hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der einen attraktiven Dienst und Freiwilligkeit betont, aber gegebenenfalls zur Wehrpflicht ausgeweitet werden kann. Das Gesetz zu einem neuen Wehrdienst wird voraussichtlich Ende August vorliegen.
Nach den bisher bekannten Plänen sollen alle wehrfähigen Männer zwischen 18 und 25 Jahren verpflichtend erfasst werden. Sie müssen einen Fragebogen zu ihrer Dienstbereitschaft und -fähigkeit ausfüllen. Für Frauen ist die Teilnahme (noch) freiwillig. Geeignete Personen werden anschließend angeschrieben. Geplant ist, mit 15.000 neuen Wehrdienstleistenden zu beginnen. Zudem sollen Wehrdienstleistende offenbar als Zeitsoldaten bezahlt werden.
Union möchte Wehrpflicht wieder in Kraft setzen
Seit 2011 ruht die Wehrpflicht zwar, ist aber weiterhin im Grundgesetz verankert. Daniel Peters, CDU-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern, sagte gegenüber dem NDR: „Die Vorschläge des Verteidigungsministers unterscheiden sich im Grundsatz nicht von den Vorstellungen der Union.“ Die CDU spreche sich für eine schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, idealerweise in Form eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres für alle jungen Erwachsenen. Aber: „Freiwilligkeit wird nicht reichen, um die Bundeswehr personell zu stärken. Es braucht jetzt schnell konkrete Maßnahmen zur Reaktivierung eines verpflichtenden Wehrdienstes, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands deutlich erhöht werden kann.“
Recht auf Verweigerung bleibt bestehen
Unabhängig von allen Debatten über eine mögliche Rückkehr betont das Bundesamt: Das Grundrecht, den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern, bleibt nach Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes unangetastet – egal, ob die Wehrpflicht ausgesetzt ist oder nicht.