Politik

Italienische Fabrik verrät Arbeiter und zieht über Nacht nach Polen

Während der sommerlichen Betriebspause ist eine norditalienische Heizkörperfabrik heimlich nach Polen umgezogen. Die überraschten Mitarbeiter standen vor verschlossenen Türen. Sie wurden schriftlich aufgefordert, ihrem Chef nach Polen zu folgen.
22.08.2013 22:35
Lesezeit: 1 min

Während der sommerlichen Betriebsferien schaffte der Unternehmer Fabrizio Pedroni Maschinen und Bauteile seiner Heizkörperfabrik nach Polen, um künftig dort zu produzieren. Nun beschimpfen ihn seine italienischen Arbeiter und drohen ihm sogar mit Gewalt.

„Ihr seid eine Schande für Italien. Gebt uns sofort unsere Löhne. Ihr habt 40 Familien ruiniert. Wenn ihr euch wie Diebe davonschleicht, zeigt ihr, dass ihr keine Menschlichkeit habt, ihr Feiglinge“, steht auf einem Plakat vor den Toren der Firma, wie ein Video der Gazzetta di Modena zeigt. Die Mitarbeiter campieren seit eineinhalb Wochen vor dem Firmengelände und blockieren die Ausfahrt des letzten Lkw, berichtet l’Unità. Mehr ist nicht mehr da.

Der Unternehmer begründet seinen Umzug mit der steigenden Steuerlast in Italien. Er informierte seine Arbeiter allerings erst im Nachhinein schriftlich über seine Entscheidung: „Verehrte Angestellte, wir informieren Sie, dass ihre Arbeit nicht am 26. August in Formigine (Modena) weitergeht, sondern am 2. September in Olawa, Polen.“

Das polnische Olawa in der Nähe von Breslau ist circa 1.300 Kilometer von Formigine entfernt. Die ersten Maschinen sollen dort schon im Probebetrieb laufen. Fabrizio Pedroni meint es offenbar ernst mit der Abwanderung. Die Nacht-und-Nebel-Aktion begründet er damit, dass die Mitarbeiter sonst den Firmenumzug und somit den Fortbestand der Firma verhindert hätten.

Viele Regionalpolitiker wollen die Abwanderung von Firem nicht einfach hinnehmen. Formigines Bürgermeister Franco Richeldi sagte, der Fall zeige den generell schlechten Zustand der italienischen Wirtschaft. „Die Freiheit des Arbeitgebers finde ich in Ordnung. Aber er hat auch eine soziale Funktion. Die Familien können nicht über Nacht auf die Straße gesetzt werden.“ Auch die Staatsanwaltschaft von Modena hat eine Untersuchung eingeleitet.

Die Mitarbeiter sagen: „Wir kämpfen nicht nur für uns, sondern auch um zu verhindern, dass unsere Firma ein gefährliches Vorbild für die ganze Nation wird. Nur wenn wir den Arbeitgebern zeigen, dass sie so etwas nicht machen können, werden wir die Rechte vieler anderer in Italien schützen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...