In den vergangenen Tagen hat sich abgezeichnet, dass mittlerweile ein Militärschlag gegen Syrien auch ohne UN-Mandat in Frage kommt. Mehrere Länder haben sich dafür ausgesprochen und die Vorbereitungen werden immer intensiver. Nicht nur Kriegsschiffe werden in Stellung gebracht - auch Kampfjets.
Die Anwohner nahe des britischen Luftwaffenstützpunktes Akrotiri auf Zypern haben festgestellt, dass sich die Aktivität an diesem Stützpunkt in den letzten 48 Stunden immens erhöht hat. Der Stützpunkt ist für einen Militärschlag gegen Syrien gut geeignet – er liegt etwas weniger als 100 Meilen von der syrischen Küste entfernt. Zwei Piloten einer kommerziellen Airline haben dem Guardian bestätigt, dass sie nahe des Stützpunkts C-130 Transportflugzeuge aus ihrem Cockpit und eine Formation an Kampfjets auf ihrem Radar gesehen haben. Neben den neuen Aktivitäten auf Zypern sind bereits etliche Kriegsschiffe ebenfalls auf den Weg nach Syrien (hier).
Als Reaktion auf die Äußerungen aus den USA, Frankreich, der Türkei und Großbritannien, notfalls ohne UN-Mandat in Syrien einzuschreiten, warnte am Montag der Chaldäische Bischof von Aleppo aber vor einem derartigen Schritt. Dies könnte zu einem Weltkrieg führen, sagte der Bischof Antoine Audo im Interview mit dem Radio Vatikan:
„Ein Militäreinsatz würde meiner Meinung nach einen Weltkrieg bedeuten. Dieses Risiko existiert! Die Sache ist nicht so einfach. Wir hoffen, dass der Friedensappell des Papstes einen wirklichen Dialog zwischen den Konflikt-Parteien fördern kann.
Der erste Schritt, um eine Lösung zu finden, ist, auf Waffen zu verzichten und dafür zu sorgen, dass die Menschen die Freiheit haben, sich zu bewegen, zu reisen, zu reden, zu arbeiten. Jetzt ist das ganze Land im Krieg. Wir hoffen, dass es eine internationale Kraft gibt, die helfen kann, dass es Dialog gibt statt Krieg.“
Ob die Untersuchungen der UN-Inspektoren in Syrien bezüglich des Einsatzes chemischer Waffen überhaupt noch einen Einfluss auf einen Militärschlag haben werden, ist höchst fragwürdig. Nachdem der Konvoi der Inspektoren am Montagmorgen beschossen wurde, kamen die Inspektoren am Nachmittag doch noch an dem Ort an, wo das Giftgas durch Raketenabwürfe eingesetzt worden sein soll.
Ursprünglich sollten die Inspektoren etwa sechs Stunden vor Ort sein. Aber daraus wurden nur eineinhalb Stunden. Sie haben sich mit etwas mehr als 20 Opfern unterhalten, ein Krankenhaus besucht und eine von mehr als sechs Einschlagstellen der Raketen besucht. Bodenproben und Tiere wurden von dem Ort mitgenommen. „Sie haben ein Huhn genommen, aber sie haben sich geweigert, die chemische Rakete mitzunehmen“, zitiert der Guardian den syrischen Arzt.
Aber selbst wenn die UN-Inspektoren anhand der Proben nachweisen können, dass chemische Waffen zum Einsatz gekommen sind, bleibt weiterhin die Frage offen, wer sie eingesetzt hat. Schließlich wusste Assad, dass es möglicher Weise zu einem Militärschlag kommen würde, wenn seine Regierung derartige Waffen einsetzt.
Und die militärische Aktivität der NATO spricht dafür, dass noch nicht klar ist, ob man überhaupt abwarten werde, bis erste Ergebnisse von den UN-Inspektoren vorliegen. Schon am Sonntag soll es ein Treffen zwischen Kommandanten in Jordanien geben. Diese kommen unter anderem aus den USA, Großbritannien, Saudi Arabien, Qatar, der Türkei, Frankreich, Italien und Kanada, so debka.com.
US-Außenminister John Kerry wurde am Montag noch einmal sehr konkret.
„Präsident Obama war auch in engem Kontakt zu den Regierungschefs unserer wichtigsten Verbündeten, und der Präsident wird eine klare Entscheidung darüber treffen, wie auf diesen wahllosen Einsatz von chemischen Waffen zu antworten sei. (…) Präsident Obama glaubt, für den Einsatz dieser schlimmsten Waffen der Welt gegen die Bürger muss es einen Verantwortlichen geben. Nichts ist heute ernster und nichts wird gründlicher geprüft.“
Indes werden die Pläne der USA immer konkreter. Mit Verweis auf hochrangige Beamte berichtet die Washington Post von einem zeitlich begrenzten Militärschlag. Von einer Dauer von zunächst höchstens zwei Tagen ist die Rede und von Marschflugkörpern, die vom Meer aus abgefeuert werden. Langstreckenbomber werden auch erwägt.