Nach den Plänen von China-Vorstand Hubertus Troska werden zunächst die Preise erhöht und dafür Abstriche beim Absatzwachstum in Kauf genommen. Die Verkaufszahlen sollen erst 2015 mit mehreren neuen Modellen kräftig steigen, wie Troska bei einem Pressegespräch am Mittwochabend in Stuttgart erklärte.
„Ich habe große Unterstützung auch von (Vorstandschef) Dieter Zetsche: Es geht jetzt nicht um Volumen um jeden Preis“, sagte Troska, der vor einem Jahr den neu geschaffenen Posten des Regionalvorstands für China antrat. „Ich habe keine Lust, für 2014 eine unsägliche Volumendiskussion zu führen“.
Der frühere Lkw-Manager und Marketing-Chef für Pkw soll im größten Automarkt der Welt das Steuer herumreißen, nachdem Daimler seit 2012 weit hinter die Erzrivalen BMW und Audi zurückgefallen ist. Daran hat sich in diesem Jahr noch nicht viel geändert: Von Januar bis November verkaufte die Marke mit dem Stern in China rund 195.000 Pkw - ein Plus von zehn Prozent.
Audi und BMW glänzten mit jeweils doppelt so schnellem Wachstum: Die Volkswagen-Tochter Audi ist Marktführer mit knapp 444.000 Auslieferungen, während der BMW-Absatz auf 354.000 Stück schnellte. Mercedes will den Abstand verkürzen und 300.000 Autos in China im Jahr 2015 losschlagen. Dieses Ziel sei nach wie vor richtig, sagte Troska.
Doch will der Manager zunächst die Fehler der Vergangenheit korrigieren. Wichtigster Grund für die Flaute in China war Troska zufolge die Konkurrenz der Vertriebsgesellschaften für lokal produzierte und für importierte Fahrzeuge. Vor allem die Preise für die E-Klasse sanken mit Nachlässen von bis zu 18 Prozent.
Der Vertrieb wurde im Frühjahr zusammengelegt, um Rabattschlachten zu verhindern. Jetzt soll den Kunden beigebracht werden, dass ein Mercedes nicht weniger als ein Audi oder BMW kosten könne. „Wir werden diesen Fehler nicht wieder machen“, sagte Troska.
Neben der E-Klasse müsse auch die nächste C-Klasse preislich höher positioniert werden. Die Händler hätten die Rabatte schon deutlich gekürzt. Das Luxusauto S-Klasse werde sogar schon für fünf bis acht Prozent über Listenpreis angeboten, wovon Troska nicht begeistert ist: „Das ist nicht gut, aber das kann ich nicht verhindern.“
Auch die beiden anderen Ursachen des Misserfolgs sollen angegangen werden. Das Händlernetz sei nicht dicht genug gewesen und die Modellpalette lückenhaft. Die Zahl der Händler soll deshalb um 75 auf 335 steigen. In den kommenden zwei Jahren will Daimler außerdem 20 neue oder neu aufgelegte Modelle in den chinesischen Markt drücken.
Nach sieben Premieren in diesem Jahr kommt Ende 2014 zum Beispiel die neue C-Klasse, gefolgt vom kleinen Geländewagen GLA im Folgejahr. Damit soll der Absatz dann angekurbelt werden. „Wenn die Rechnung aufgeht, muss es 2015 richtig abgehen“, sagte Troska.
Aller Unkenrufe zum Trotz ist der China-Vorstand vom anhaltenden Wachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt überzeugt. Auch in den kommenden Jahren sei mit einem Wirtschaftswachstum von 6 bis 8 Prozent zu rechnen.
Die Beschränkungen bei Autozulassungen in Peking wegen der starken Luftverschmutzung betrachtet er nicht als Bremsklotz. Die Regierung treibe den Aufbau Dutzender Millionenstädte voran, und auch die jüngst von der Kommunistischen Partei beschlossene wirtschaftliche Liberalisierung werde den Automarkt beflügeln.
Vom Einstieg beim chinesischen Partnerunternehmen BAIC, von dem Daimler zwölf Prozent der Anteile für 625 Millionen Euro erwarb, erhoffen sich die Stuttgarter einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Mit den beiden Posten im Aufsichtsrat, die Troska und Finanzchef Bodo Uebber besetzen, habe Daimler tiefen Einblick, wie sich das Unternehmen und die gesamte staatliche Autopolitik entwickle.
Auch über geplante Regulierungen gewinne er so einen Informationsvorsprung - zum Beispiel über Pläne zur Förderung von Elektroautos. Mercedes bringt hier mit dem chinesischen Partnerunternehmen BYD 2014 den eigens für China entwickelten Denza heraus. „Je besser ich China verstehe, desto besser kann ich den Konzern leiten.“