Nach seiner Abkehr von der EU trägt das Werben des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch um russische Unterstützung im Kampf gegen die Wirtschaftskrise erste Früchte. Händler sagten der Nachrichtenagentur Reuters, nach drei Jahren Unterbrechung sei eine Wiederaufnahme russischer Öllieferungen an eine Raffinerie im ukrainischen Odessa vorgesehen.
Es war das erste konkrete Ergebnis, das sich während eines Treffens von Janukowitsch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin am Dienstag in Moskau abzeichnete. Der ukrainische Staatschef kann außerdem auf Rabatte bei Gaslieferungen und auf milliardenschwere Kredite hoffen.
Für Janukowitsch käme dies einer Belohnung gleich, sagte er doch kürzlich nach Druck aus Moskau überraschend ein über Jahre ausgehandeltes Freihandels- und Assoziierungsabkommen mit der EU ab.
Putin war die Westorientierung der Ukraine ein Dorn im Auge, will er sie doch für sein Projekt eines Wirtschaftsraums vom Pazifik bis an die Grenzen der EU gewinnen. Als Basis dafür sieht er eine Zollunion.
Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass Janukowitsch einen Beitritt seines Landes dazu verbindlich zusichert, denn mit einem solchen Schritt würde er wohl die Tür nach Europa endgültig zuschlagen. Seine politische Zukunft könnte das akut gefährden, denn es würde die Proteste gegen ihn zusätzlich befeuern.
Janukowitsch sieht sich seit seiner Absage an die EU mit der größten Protestbewegung seit der Orangefarbenen Revolution vor neun Jahren konfrontiert. „Wenn sich Janukowitsch auf einen Deal mit Russland einlässt, werden wir mit unseren Demonstrationen das ganze Land lahmlegen“, sagte Boxweltmeister Vitali Klitschko in der Bild-Zeitung.
Auch die inhaftierte Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko warnte vor einem Pakt mit Putin. „Mit Russland werden wir alles verlieren, was wir haben“, sagte sie dem Magazin Stern. Janukowitsch' angestrebte Annäherung an Moskau könne „der Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit“ sein.
Klitschko appellierte an den frisch vereidigten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, sich in Kiew in den Konflikt zwischen Regierung und Opposition einzuschalten. „Er wäre der richtige Vermittler in dieser schwierigen Situation.“
Im Zentrum von Kiew, wo es in den vergangenen Tagen immer wieder Massenkundgebungen gegen Janukowitsch gegeben hatte, versammelten sich erneut 2.000 Demonstranten. Mehrere Hundert säumten auch die Straße zum Flughafen. „Janukowitsch, wende das Flugzeug nach Europa“, war auf einem Plakat zu lesen.
Die EU hat allerdings bislang Hilfen in Höhe von 610 Millionen Euro angeboten. Außerdem laufen Gespräche zwischen EU-Vertretern und dem IWF, der Weltbank und anderen Finanzinstitutionen, um ein Hilfspaket für die Ukraine zu schnüren. Die Ukraine muss bereits im kommenden Jahr eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Dollar decken.
Putin sagte am Dienstag zu, 15 Milliarden Dollar in ukrainische Staatsanleihen zu stecken. Außerdem kündigte er einen Abschlag von etwa einem Drittel auf den Preis für Gaslieferungen an. Putin sprach von einem vorübergehenden Schritt, ohne dies zu erläutern.
Händler sagten zudem der Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf vorläufige russische Ölexportpläne für das erste Quartal 2014, dass 750.000 Tonnen Öl im Wert von etwa 600 Millionen Dollar per Pipeline an die Raffinerie in Odessa gepumpt werden könnten.