Das EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny sieht trotz des für viele Geldhäuser belastenden Niedrigzinsumfelds keine Bankenkrise heraufziehen. "Ich würde das nicht dramatisieren. Wir sind in einem Übergangs- und Lernprozess", sagte der österreichische Notenbankchef am Donnerstagabend zu Reuters mit Blick auf die neuen europäischen Abwicklungsregeln. Durch sie sei die jahrzehntelange implizite Garantie des Staates für Geldinstitute weggefallen. Dies schaffe Unsicherheit und Nervosität, doch sei der Anpassungsprozess vernünftig und gehe in die richtige Richtung. "Die Märkte müssen lernen, mit diesen neuen Voraussetzungen umzugehen." Zur Lage der an der Börse unter Druck geratenen Deutschen Bank wollte sich Nowotny nicht äußern.
Auf einer Podiumsdiskussion in Berlin sagte der Ökonom zudem: "Ich sehe keine spezielle Herausforderung, die an die Krise in den Jahren 2007/08 erinnert." Nowotnys österreichischer Landsmann und Finanzminister Hans Jörg Schelling hatte Reuters zuvor gesagt, er sehe keine Parallelen zwischen der Krise von Deutschlands größtem Geldinstitut und dem Kollaps der US-Bank Lehman Brothers. Einen Zusammenbruch der Deutschen Bank befürchte er nicht.
Die Bundesregierung hatte einen "Zeit"-Bericht dementiert, wonach sie einen Rettungsplan für eine etwaige Schieflage der Deutschen Bank vorbereite. Diese muss wegen Tricksereien auf dem US-Immobilienmarkt im schlimmsten Fall 14 Milliarden Dollar als Wiedergutmachung aufbringen und steht an der Börse unter Druck.
Der seit Jahresanfang geltenden EU-Richtlinie (BRRD) zufolge müssen Banken Sanierungspläne ausarbeiten. Sollte es dennoch zu einer von den Behörden verfügten Umstrukturierung kommen, müssen zunächst Anteilseigner und Gläubiger die Verluste tragen. Damit sollen die Steuerzahler anders als in der Finanzkrise besser vor Schieflagen im Bankensektor geschützt werden.