Deutschland

Pofalla zu heiß für die Bahn: Aufsichtsrat will „Abkühlphase“

Die Deutsche Bahn will die Berufung von Ronald Pofalla und die damit verbundene Schaffung eines neuen Ressorts für den Merkel-Vertrauen offenbar verschieben. Signale aus dem Aufsichtsrat deuten darauf hin, dass die Bahn einen Eintritt von Pofalla derzeit eher als Belastung empfinden würden.
05.01.2014 18:51
Lesezeit: 2 min

Noch am Samstag hatte der CDU-Chef von NRW, Laschet, Ronald Pofalla für einen Gewinn für jedes Unternehmen bezeichnet (hier).

Doch selbst der Deutschen Bahn als Staatsunternehmen wird der Politiker, der noch nie für ein großes Unternehmen gearbeitet hat, jetzt zu heiß.

Die Bahn möchte offenbar von sich aus eine gewisse Schamfrist einhalten, ehe sie den Politiker in den Vorstand beruft, wie dies von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewünscht wird (hier).

In der Bild am Sonntag hieß es, Bahn-Chef Rüdiger Grube habe einige Aufsichtsratsmitglieder am Freitag telefonisch über die Personalie Pofalla informiert. Der frühere Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel brauche aber „eine Abkühlphase“, bevor er zu dem Unternehmen stoße.

Nachdem mehrere Medien unter Berufung auf Mitglieder des Aufsichtsrats berichtet hatten, dass es Widerstand in dem Gremium gegen einen Wechsel Pofallas in den Bahnvorstand gebe, erklärte Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht, der Rat habe in den letzten turnusmäßigen Sitzungen „keine Kenntnis von Überlegungen zur Erweiterung des DB-Vorstands beziehungsweise zur Bildung neuer Vorstandsressorts“.

Zuvor hatte die Welt das Aufsichtsratsmitglied Klaus-Dieter Hommel mit den Worten zitiert: „Die Personalie ist seitens der Deutschen Bahn noch längst nicht entschieden.“ Das Gremium würde gerne wissen, warum überhaupt noch ein weiterer Vorstandsposten geschaffen werden müsse, sagte der Vize-Chef der Bahngewerkschaft EVG der Zeitung. Dem Spiegel sagte ein Mitglied des Kontrollorgans, die Berufung des CDU-Politikers werde „mit Sicherheit nicht einfach durchgewinkt“. Laut Welt ist für den 30. Januar eine Sondersitzung des Gremiums angesetzt, bei dem das Thema zur Sprache kommen könnte.

Weder Pofalla noch die Bahn die haben die Wechselpläne des Politikers bestätigt.

Im Spiegel hieß es, Teile des Aufsichtsrates wollten die Berufung Pofallas verhindern.

Der Wechsel wurde nach Angaben eines Bahn-Insiders langfristig vorbereitet. Schon vor mehr als einem halben Jahr sei in der Bahn-Führung von der Schaffung eines neuen Vorstandspostens für Regierungskontakte die Rede gewesen (hier). Dabei sei von Anfang an der Name Pofalla genannt worden. Die Welt berichtete, Widerstand gegen einen neuen Vorstandsposten, den Pofalla bekleiden soll, gebe es auch auf der Arbeitnehmerseite in dem Kontrollgremium. In der Kritik stehe auch Bahn-Chef Grube mit seiner Informationspolitik. Selbst im Bahn-Management, in das der CDU-Politiker einziehen soll, gebe es Unbehagen. „Wenn die Debatte die nächsten Wochen anhält, ist Pofalla wohl nicht zu halten“, wird ein hochrangiger Bahn-Manager zitiert.

Die SPD drängt unterdessen ihre Koalitionspartner von CDU und CSU zu Verhandlungen über neue Regeln für den Wechsel von früheren Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft. Der SPD-Politiker Johannes Kahrs sagte dem RBB, er sehe angesichts der heftigen Debatte über den Fall Pofalla gute Chancen, damit offene Ohren in der Union zu finden. In den Koalitionsverhandlungen seien Sperrzeiten für Politiker nicht durchsetzbar gewesen. Das könnte nun anders aussehen. „Wir haben im Wahlprogramm 18 Monate stehen, und damit werden wir in die Verhandlungen gehen“, kündigte der Sprecher der SPD-Parteirechten an. Grundsätzlich sollte ein personeller Austausch von Politik und Wirtschaft möglich sein.

Von mehreren Seiten, auch aus den eigenen Reihen, wurde Pofalla aufgefordert, bei einem Wechsel sein Bundestagsmandat niederzulegen. Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte, da die Bahn zu 100 Prozent im Staatsbesitz sei, müsse eine Interessenkollision auch dem Anschein nach vermieden werden. Pofalla soll unterdessen zugestimmt haben, sein Bundestagsmandat aufzugeben, sollte er in den Bahn-Vorstand berufen werden (hier).

Die Grünen forderten, Kanzlerin Angela Merkel müsse zum mutmaßlichen Wechsel ihres früheren Vertrauten Stellung nehmen. „Die Kanzlerin ist jetzt aufgefordert, sich zum offenbar bevorstehenden Wechsel Pofallas zur Bahn zu positionieren“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, der "Rheinischen Post". Ihr Fraktionskollege Volker Beck führte an, dass Pofalla selbst 2005 bei beim Wechsel von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Gasunternehmen Nord Stream eine rechtliche Regelung für solche Fälle eingefordert habe.

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