Finanzen

Investoren fliehen aus den Schwellenländern

Die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung hat eine Talfahrt vieler Devisen-Kurse in Asien, Afrika und Lateinamerika ausgelöst. Auch an den Aktienmärkten rutschen die Kurse ab. Experten warnen vor einer Abwärtsspirale, die die Börsen weltweit treffen könnte.
27.01.2014 18:05
Lesezeit: 2 min

Die Investoren fliehen aus den lange so beliebten Schwellenländern. Die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung und eine wachsende Attraktivität des vergleichsweise sicheren Investitionsstandorts USA haben eine Talfahrt vieler Devisen-Kurse in Asien, Afrika und Lateinamerika ausgelöst. Hinzu kommen politische Krisen, die etwa in der Türkei und Argentinien den Ausverkauf beschleunigen. Auch an den Aktienmärkten rutschen die Kurse ab. Experten warnen vor einer Abwärtsspirale, die die Börsen weltweit treffen könnte - wie die Argentinien-Krise vor rund 15 Jahren. „Der Ausverkauf wird noch schlimmer, bevor es besser wird“, sagt Lorne Baring von der Investmentfirma B Capital Wealth Management.

Am Freitag bekam man einen Vorgeschmack darauf, wie sensibel die Investoren weltweit auf die Lage der Schwellenländer reagieren. Der deutsche Aktienindex Dax verlor in den letzten Handelsstunden 2,5 Prozent, nachdem sich die Talfahrt vieler asiatischer Währungen, des südafrikanischen Rand und der türkischen Lira beschleunigt hatte (mehr hier). Auch am Montag war die Stimmung nervös. „Die Welt hat die Schwellenländer-Grippe“, fasst es Michael James, Aktienhändler bei Wedbush Securities in Los Angeles, zusammen.

„Die Entwicklung an den Märkten vergangene Woche wird prägend sein für das ganze Jahr“, mahnt Larry Fink, Chef des Vermögensverwalters BlackRock, am Wochenende auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Kurse würden künftig stärker schwanken als in der Vergangenheit. Er warnte vor zu viel Optimismus. Mehr als 50 Milliarden Dollar sind in diesem Jahr bereits aus den einstigen Boomländern abgezogen worden. Experten befürchten, dass sich große institutionelle Anleger angesichts der sinkenden Währungskurse nun noch zügiger verabschieden. Wenn die Verluste im Devisenhandel zu groß werden und die Gewinne am Aktienmarkt übersteigen, geht es bei vielen Investoren oft ganz schnell. „Jede Krise in einem Schwellenland ist in erster Linie eine Währungskrise“, sagt Mike Howell vom Beratungshaus CrossBorder Capital.

Eine wichtige Rolle spielt die US-Notenbank (Fed). Einige Investoren befürchten, dass die Währungshüter die Geldpolitik möglicherweise zu schnell straffen und die Erholung der Weltwirtschaft abwürgen. Diese Woche wird die Fed entscheiden, ob sie die Wertpapierkäufe von derzeit 75 Milliarden Dollar monatlich weiter drosselt. Eine straffere Geldpolitik macht zugleich Investitionen in den USA wieder attraktiver. Anleger ziehen daher Kapital aus den riskanteren Schwellenländern ab. Vor negativen Folgen einer zu radikalen Umkehr der Fed-Politik warnte jüngst auch die Weltbank.

Die Aktienmärkte der Schwellenländer haben sich in diesem Jahr bislang am Schlechtesten entwickelt - mit einem Wertverlust von vier Prozent. Analysten zufolge flossen seit Jahresbeginn fast vier Milliarden Dollar aus Aktien dieser Staaten ab, davon allein 2,4 Milliarden Dollar in der Woche zum 22. Januar. Lange Zeit waren die aufstrebenden Volkswirtschaften sehr beliebt, da sie in Zeiten niedriger Zinsen attraktivere Renditen versprachen.

Trotz aller Sorgen sind viele Unternehmen weiter fest entschlossen, Geschäfte mit der wachsenden Mittelklasse in den neuen Mega-Städten Asiens, Lateinamerikas und Afrika auszubauen. Aber sie schauen genauer hin und scheren Länder wie Brasilien, Russland, Indien und China bei ihren Investitionsentscheidungen nicht mehr über einen Kamm. „Du musst vorbereitet sein für Auf und Abs, wenn du in Entwicklungsländern investierst“, sagt Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn. Kurzfristig müssen sich die Investoren wohl auf mehr Rückschläge einstellen - das gilt für die Anleger an den Märkten wie auch für die Konzerne, die in Fabriken investieren.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zweitwichtigste Weltwährung: Euro-Kurs trotzt Trump-Chaos und Krypto-Risiken
09.09.2025

Der Euro behauptet seine Rolle als zweitwichtigste Weltwährung. Doch wachsende Risiken, Trumps Dollar-Chaos und die Konkurrenz durch...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie: Volkswagens Namenschaos – Rettung oder letzter Trick im Poker um Elektroautos?
09.09.2025

Volkswagen verabschiedet sich vom bisherigen Namensschema seiner Modellreihen. Künftig sollen neue Elektroautos klassische...

DWN
Politik
Politik Frankreich: Regierung von Premier François Bayrou scheitert bei Vertrauensfrage
08.09.2025

Frankreichs Regierung unter Premier François Bayrou ist an der Vertrauensfrage gescheitert. Ein krachendes Votum zwingt Präsident...

DWN
Politik
Politik Höhere Beitragsbemessungsgrenzen: Sozialbeiträge werden für Beschäftigte 2026 spürbar steigen
08.09.2025

Die schwarzrote Koalition will die Beitragsbemessungsgrenzen für Rente, Pflege und Krankenversicherung anheben – mit der Begründung,...

DWN
Politik
Politik Government Pension Fund Global: Norwegens Ölfonds trotzt den USA
08.09.2025

Der Government Pension Fund Global (GPFG) sorgt für Streit: Nach dem Ausschluss von Caterpillar und israelischen Firmen drohen die USA mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autozulieferer unter Druck: Stellenabbau bei Bosch, Conti, ZF – Autobranche kämpft ums Überleben
08.09.2025

Die deutsche Autobranche steckt in einer existenziellen Krise. Auftragseinbrüche, Milliardeninvestitionen in E-Mobilität und massiver...

DWN
Finanzen
Finanzen Wölfe der Wall Street: US-Börsen zwischen Rekorden und Unsicherheiten – steigt der Goldpreis auf 5.000 Dollar?
08.09.2025

Die US-Börsen schwanken zwischen Euphorie und Risiko: Rekorde bei S&P 500 und Nasdaq treffen auf Sorgen um Fed-Unabhängigkeit und...

DWN
Politik
Politik EU-Asylagentur: Deutschland bei Asylanträgen nicht mehr führend
08.09.2025

Seit mehr als zehn Jahren lag Deutschland bei Asylanträgen in Europa unangefochten an der Spitze. Nun übernehmen Frankreich und Spanien...