Politik

Spar-Maßnahmen der Troika verletzen EU-Grundrechte

Die Sparprogramme der Troika verstoßen gegen grundlegende Bürgerrechte, so ein Gutachten. Es gäbe keinen Ausnahmezustand, der diesen Rechtsbruch rechtfertige. Die Sparmaßnahmen gefährden europaweit die soziale Stabilität.
30.01.2014 00:09
Lesezeit: 1 min

Die Sparprogramme, die den südlichen EU-Mitgliedsstaaten durch die Troika (EZB, IWF und EU-Kommission) auferlegt wurden, stellen eine Verletzung der Grundrechte dar.Zu diesem Schluss kommt ein deutscher Jura-Professor in einem Rechtsgutachten.

Andreas Fischer-Lescano, Professor für europäisches Recht und Politik an der Universität Bremen, wurde vom Europäischen Gewerkschaftsbund (ETUC) damit beauftragt, sich mit der Legalität des Memorandum of Understanding (MoU) zu befassen, wie der EUobserver berichtet. Das MoU wird zwischen den Krisenländern und den Kreditgebern der Troika geschlossen. Es beinhaltet die Sparmaßnahmen, denen sich die Krisenländer unterwerfen müssen, um im Gegenzug finanzielle Hilfe zu erhalten.

Fischer-Lescano kommt zu dem Schluss, dass die Sparprogramme der Troika für einen klaren Bruch der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Die Charta ist seit 2009 für alle Mitgliedsstaaten bindend. Besonders die EZB und die EU-Kommission seien als europäische Institutionen an die Grundrechte gebunden.

„Auch in der Finanzkrise sind die europäischen Organe und Institutionen zur Beachtung des Unionsrechts verpflichtet. Es gibt keinen Ausnahmezustand, der das Unionsrecht suspendiert […]“, so Fischer-Lescano in seinem Rechtsgutachten. Er kommt zu dem Schluss, dass die MoUs die „Autonomie der Arbeiter und Gewerkschaften, über Löhne zu verhandeln, ernsthaft eingeschränkt hat“.

„In Irland mussten die Löhne um einen Euro pro Stunde gesenkt werden. Dabei fehlten für diese Sparmaßnahme jegliche rationalen Gründe. Wenn die Autonomie nicht funktioniert, dann muss der Staat das fehlende Einkommen kompensieren, so wie in Deutschland“, so Fischer-Lescano.

Auch die Bildungs- und Gesundheitsreformen in den Sparmaßnahmen seien aus Sicht der Menschenrechte sehr fragwürdig, denn sie würden sich nur auf die Kürzung von Budgets beschränken, so der Jurist. Diese hätten dazu geführt, dass speziell „verletzliche Bevölkerungsgruppen“ durch die Maßnahmen schwer getroffen wurden. „Aber finanzielle Stabilität kann nicht ohne soziale Stabilität erreicht werden“, so Fischer-Lescano.

Soziale Konflikte werden fälschlicherweise als nationale Konflikte dargestellt. Dabei ist es ein gemeinsames europäisches Problem und die Länder werden nur gegeneinander ausgespielt: Siesta in Spanien vs. Harte Arbeit in Deutschland“, so Fischer-Lescano.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Kurs zwischen EU und London
19.05.2025

Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich EU und Großbritannien wieder an – doch nicht ohne Reibung. Was bedeutet das für Handel,...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China dreht der Welt den Rohstoffhahn zu - Industrie droht der Stillstand
19.05.2025

Mitten im geopolitischen Machtpoker nutzt China seine Dominanz bei seltenen Erden als Waffe – und bringt westliche Industrien ins Wanken....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Innere Kündigung: Frühzeitig erkennen und wirksam handeln
19.05.2025

Eine Kündigung kommt in der Regel nicht einfach aus dem Nichts. Oft zeigen Mitarbeiter Anzeichen dafür, dass sie das Unternehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel hausgemacht: Nach Corona-Lockdown und Dauermigration fast 3 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss
19.05.2025

Trotz immenser Zuwanderung, leere Lehrstellen und Fachkräftemangel: Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen...

DWN
Politik
Politik Gasfunde in der Schwarzmeerregion: Türkei meldet strategischen Energieerfolg – Erdgasvorkommen mit enormem Wert
19.05.2025

Die Türkei entdeckt im Schwarzen Meer neue Erdgasvorkommen von enormem Wert. Der Fund unterstreicht Ankaras anhaltenden Kurs in Richtung...

DWN
Panorama
Panorama Zwei Tote bei Unfall in New York: Segelschiff rammt Brooklyn Bridge – was wir wissen
19.05.2025

Dramatische Szenen am East River: Ein Segelschulschiff der mexikanischen Marine stößt mit der weltberühmten Brooklyn Bridge in New York...

DWN
Politik
Politik Russland-Sanktionen: Ukraine-Partner erhöhen den Druck auf Moskau
19.05.2025

Kurz vor einem geplanten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben Deutschland, die USA sowie...