Der Chef der Forza Italia Silvio Berlusconi will in der EU-Wahl im Mai als Kandidat antreten. Da er wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, wird sein Name möglicherweise nicht auf dem Wahlzettel stehen. Doch
Renato Brunetta, der Chef der Forza Italia im Parlament, sagte der Financial Times, die Berlusconi-Partei werde im EU-Wahlkampf „ein germanisiertes Europa angreifen“. Die deutsche Politik mit starken Export-Überschüssen bereichere Nordeuropa auf Kosten des Südens.
Bundeskanzlerin Angela Merkel habe eine „calvinistische Mentalität“, so Forza-Chef Brunetta. „Der Populismus in Europa ist eine giftige Folge von Frau Merkel.“
Berlusconi war im vergangenen Jahr wegen Steuerbetrug verurteilt und von der Kandidatur bei Wahlen ausgeschlossen worden. Zudem wurde der 77-jährige frühere Premier im November aus dem Senat ausgeschlossen. Daraufhin verließ der er mit seiner Forza Italia die Regierung des sozialistischen Premiers Enrico Letta.
Am 10. April wird ein Mailänder Gericht darüber entscheiden, ob Berlusconi für ein Jahr unter Hausarrest gestellt wird oder ob er gemeinnützige Arbeit leisten muss. In jedem Fall darf sich der frühere Premier für einen Zeitraum von sechs Jahren nicht zur Wahl stellen. Laut Brunetta wird Berlusconi sich juristisch zur Wehr setzen, falls ihm die Kandidatur bei EU-Wahl vorenthalten wird.
Doch selbst wenn sein Name nicht auf dem Wahlzettel steht, wird Berlusconi im EU-Wahlkampf im Hintergrund die Fäden ziehen. Die EU-Wahl im Mai gilt auch als Testlauf für die nächsten italienischen Parlamentswahlen. Brunetta nennt Lettas Regierung eine „Zombie-Regierung“ und fordert Parlamentswahlen zusammen mit der EU-Wahl im Mai.
In einer Ipsos-Umfrage der letzten Woche liegt Berlusconis Wahlbündnis bei 37,9 Prozent hinter dem Mitte-Links-Bündnis von Letta und vor dem Movimento 5 Stelle von Beppe Grillo. Das starke Ergebnis für das Mitte-Rechts-Bündnis, dem die Forza Italia angehört, ist darauf zurückzuführen, dass die katholische UDC von Pier Ferdinando Casini vom Lager Mario Montis zu Berlusconis Bündnis überlief.
Berlusconis möglicher Eintritt in die EU-Politik hat deshalb einen besonderen Reiz, weil ihn die EU im Herbst 2011 putsch-artig als italienischen Premier absetzte. Dabei spielte neben Kommissions-Chef José Manuel Barroso auch Angela Merkel eine entscheidende Rolle (mehr hier).