Politik

Ukraine meldet Abwehr einer russischen Offensive

Die Ukraine meldet, dass sie eine russische Invasion auf dem Territorium der Ost-Ukraine gestoppt habe. Im UN-Sicherheitsrat enthielt sich China überraschend der Stimme, die Russen legten ein Veto in.
15.03.2014 20:13
Lesezeit: 3 min

Die Ukraine teilt auf ihrer offiziellen Website mit, dass die Truppen des Landes erfolgreich eine Invasion der Russen in der Region Khershon auf der Arbatskaya Strelka gestoppt hätte: Mit Flugzeugen und Fallschirmjägern hätte man die Russen zurückgedrängt, die mit Hubschraubern versucht hätten, auf das Festland überzusetzen.

Von russischer Seite liegt noch keine Bestätigung vor. Die Meldung kam über AFP und mehrere US-Medien.

Die Ukraine hat der Regierung in Moskau einen Tag vor dem umstrittenen Referendum über einen Anschluss der Krim an Russland massive Provokationen vorgeworfen und vor einer Invasion gewarnt. Die Gewalt im Osten, bei der zuletzt drei Menschen getötet wurden, sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagte der amtierende Präsident Alexander Turtschinow am Samstag vor dem Parlament in Kiew. Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, er sei sicher, dass es keinen "Kalten Krieg" geben werde. Das russische Militär hat faktisch die Kontrolle über die Halbinsel Krim übernommen, wo seine Schwarzmeerflotte stationiert ist, und gerät deshalb zunehmend in die Isolation. Der Europarat stimmte am Freitagabend für den Erhalt der Ukraine. Im UN-Sicherheitsrat scheiterte aber am Veto Russlands eine Resolution, in der die für Sonntag geplante Volksabstimmung für ungültig erklärt werden sollte.

Präsident Turtschinow ging im Parlament in Kiew die russische Führung frontal an: "Sie wissen genauso gut wie wir, wer die Massenproteste im Osten der Ukraine organisiert", rief er den Abgeordneten der Opposition zu. "Es sind Kreml-Agenten, die sie organisieren und bezahlen, die letztlich für den Mord an Menschen Schuld tragen." Er warnte vor einer russischen Invasion im Osten, die einer Einverleibung der Krim durch den Nachbarn folgen könnte.

Die Regierung in Kiew fürchtet, dass Moskau Gewalt gegen russisch-stämmige Bürger zum Anlass für ein militärisches Einschreiten nehmen könnte. So erklärte das Außenministerium in Moskau, man werde Hilfsgesuche friedlicher Bürger aus der Ukraine prüfen. Es gebe "alarmierende Informationen", dass militante bewaffnete Gruppen Donezk, Charkiw und Ligansk verließen, um eine "Ost-Front" aufzumachen. In einem an die Krim angrenzenden Gebiet wehrte das ukrainische Militär nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew russische Soldaten ab, die in einen Landstreifen zwischen der Krim und dem Festland vorrücken wollten.

"LASST EUCH NICHT PROVOZIEREN!"

Putins Sprecher sagte, er hoffe, der Westen sei politisch klug genug, eine tiefere Konfrontation mit Russland wegen der Ukraine zu vermeiden. Beide Seiten seien wirtschaftlich voneinander abhängig. Von einer Selbstisolation Russlands zu sprechen sei absurd.

Dem ukrainischen Innenminister Arsen Awakow zufolge wurden am späten Freitagabend in Charkiw ein 20- und ein 31-jähriger Mann getötet. "Angeheuerte Provokateure aus einem Nachbarland betreiben professionelle Provokationen", sagte er. Am Donnerstag war zudem in Donezk ein Demonstrant ums Leben gekommen. Awakow rief die Bevölkerung auf, sich nicht provozieren zu lassen. "Lasst euch nicht manipulieren! Beendet diese Hysterie. Das ist kein Spiel mit Spielzeugsoldaten - das ist ein wirklicher Konflikt, es geht um das wirkliche Leben der Menschen."

Im UN-Sicherheitsrat scheiterte wie erwartet ein US-Entwurf für eine Resolution, in der alle Staaten und Organisationen aufgefordert werden sollten, eine Änderung des Krim-Status' nicht anzuerkennen. 13 Mitglieder stimmten für den Entwurf, Russland dagegen. China, das Russland bei internationalen Konflikten meist unterstützt, enthielt sich. Im Europarat votierten 43 Länder für eine Resolution, die die Parteien auffordert, alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und den Zusammenhalt der Ukraine bedrohen könnte. Als einziges Land stimmte Russland gegen den Text.

Am Montag beraten die EU-Außenminister weitere Strafmaßnahmen gegen Russland. Frankreichs Präsident Francois Hollande sagte, im Rahmen der dritten Stufe von Sanktionen werde sein Land die militärische Zusammenarbeit mit Russland überprüfen. Bislang ist Frankreich vor Änderungen seiner milliardenschweren Rüstungsverträge mit Russland zurückgeschreckt. Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew sagte, Sanktionen würden kaum große Wirkung entfalten. "Wir müssen auf Risiken vorbereitet sein, es könnte sie ab dem 17. März geben." Große Projekte oder der Handel seien aber nicht in Gefahr.

Wenn die Wahlberechtigten am Sonntag auf der Krim abstimmen, fehlt ihnen die Möglichkeit, für einen Verbleib der autonomen Region in der Ukraine zu votieren. Denn auf dem Zettel stehen nur zwei Fragen: "Sind Sie für die Wiedervereinigung mit Russland?" Oder: "Sind Sie für die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 und den Status der Krim als Teil der Ukraine?" Und hier ist die Krux: Diese alte Verfassung erlaubt es der Krim, ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Da die pro-russische Regionalversammlung bereits beschlossen hat, Russland beizutreten, wäre eine Eingliederung nur eine Frage der Zeit.

Die muslimischen Krim-Tataren fürchten dies und haben einen Boykott des Referendums angekündigt. "Wir Krim-Tataren hätten am meisten darunter zu leiden", sagte Mustafa Dschemilew, eine der bekanntesten Persönlichkeiten der muslimischen Gemeinschaft, zu Reuters. Die Krim-Tataren sind in der Minderheit. Von den rund zwei Millionen Krim-Bewohnern sind fast 60 Prozent Russen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardär Arnault warnt: EU treibt Industrie in den Abgrund
22.05.2025

Bernard Arnault, der reichste Mann Europas, schlägt Alarm: Die EU spiele mit dem Feuer, während Zölle explodieren und ganze Branchen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüssel bremst Billig-Boom: EU erklärt Temu und Shein den Zoll-Krieg
22.05.2025

Die EU greift zur Zollkeule: Mit einer neuen Pauschalabgabe sollen Temu und Shein ausgebremst werden – doch am Ende zahlen Europas...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...