Der Industrie-Ausschuss des EU-Parlaments (Itre) stimmte heute einer Neuregelung des Telekommunikationsmarktes zu. Der Gesetzesentwurf hebelt die Netzneutralität im Internet weitestgehend aus und treibt die Kommerzialisierung im Netz weiter voran. Anfang April werden die EU-Abgeordneten über den Entwurf abstimmen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass sie der „Empfehlung“ des Industrie-Ausschusses folgen werden.
Künftig können Telekom-Betreiber gegen Aufpreis größere Bandbreiten in gesonderten Verträgen anbieten, wie Netzpolitik berichtet. Davon werden vor allem große Konzerne profitieren, während kleine und unabhängige Seiten das Nachsehen haben werden.
Die Netzneutralität sieht vor, dass alle Datenpakete unabhängig von Absender oder Empfänger gleich behandelt werden. Doch damit ist nun Schluss. Provider haben fortan die Möglichkeit sogenannte „Spezialdienste“ anzubieten.
Anbieter von Inhalten (YouTube, Facebook, Spotify) können mit dem Internet-Anbieter (Provider) gesonderte Verträge über „Specialised Services“ abschließen. Dabei geht es um erweiterte Servicequalität – also höheres Datenvolumen und fest vereinbarte Geschwindigkeiten (mehr hier).
Dadurch können größere Internet-Unternehmen und Verlage schnellere Bandbreiten erwerben, während kleine und unabhängige Seiten auf der Strecke bleiben. Kritiker des Gesetzesentwurfs fürchten, dass Internetanbieter wie der Deutschen Telekom, Verizon oder Comcast nun von Webseiten-Betreibern für höhere Geschwindigkeiten mehr Geld verlangen beziehungsweise den Datenfluss verlangsamen oder bestimmte Seiten ganz blockieren könnten.
Sollte einmal nicht genügend Bandbreite vorhanden sein, werden Internetkonzerne wie Google und Facebook ab sofort bevorzugt behandelt, während kleine Webseiten unter dem Deckmantel der „Datenauslastung“ vom Netz genommen werden können.
Vorangetrieben wurde die Kommerzialisierung des Internets unter anderem von einer Brüsseler Lobby-Initiative, die den amerikanischen US-Konzernen dabei half Einfluss auf die EU-Gesetzgebung zu nehmen. Auch deutsche Politiker – wie Daniel Cohn-Bendit - sind in dieser Lobby-Gruppe aktiv (hier).
„Die heutige Abstimmung ist ein Zeichen der massiven Lobby-Einflussnahme der großen Telekom-Betreiber auf den europäischen Gesetzgebungsprozess“, kommentiert das französische Blog La Quadrature du Net die Abstimmung.