Politik

Frankreich in Not: „EZB muss schneller Geld drucken“

Frankreichs neuer Ministerpräsident Manuel Valls kritisiert die EZB für ihre zögerliche Geldpolitik. Der starke Euro bremse Frankreichs Wirtschaft. Die EZB solle sich ein Beispiel an der lockeren Geldpolitik der USA und Japans nehmen.
08.04.2014 17:53
Lesezeit: 2 min

Scharfe Kritik an der EZB aus Paris: Die Stärke des Euro sei ein Hemmschuh für die Wirtschaft, sagte der neue französische Ministerpräsident Manuel Valls. Die Europäische Zentralbank (EZB) fahre eine weniger lockere Geldpolitik als andere Notenbanken, obwohl die Konjunkturerholung in der Euro-Zone noch schwach sei: „Ich möchte dieses Thema, das für die Europawahlen zentral ist, direkt ansprechen“, betonte Valls.

Frankreich wird zur Einhaltung der EU-Defizitvorgaben den Sparkurs voraussichtlich etwas ernster nehmen. Im Juni sollen zusätzliche Schritte zur Sanierung des Haushalts kommen, wie der Leiter des Finanzausschusses im Abgeordnetenhaus, Christian Eckert, Reuters am Dienstag sagte. Valls bekannte sich vor dem Parlament zu den Haushaltszielen, wandte sich aber gegen eine zu strikte Sparpolitik. „Ohne Wachstum stellt sich kein Vertrauen ein“, betonte Valls. Der Sozialist steht unter Zugzwang. Frankreich soll das Staatsdefizit bis Ende 2015 unter die EU-Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken, hinkt jedoch dem Zeitplan hinterher.

Das gilt auch für Italien: Ministerpräsident Matteo Renzi dürfte Brüssel für nächstes Jahr ein Defizitziel von 1,8 statt der ursprünglich veranschlagten 1,6 Prozent melden, wie vor einer abendlichen Kabinettsitzung von Insidern verlautete. Italien hält damit jedoch das EU-Defizit-Kriterium ein, während es Frankreich wohl nur noch mit zusätzlichen Anstrengungen erreichen kann. Präsident Francois Hollande hat für die Jahre 2015 bis 2017 ein Sparvolumen von rund 50 Milliarden Euro veranschlagt. Valls zufolge soll die Zentralregierung rund 19 Milliarden Euro dazu beitragen.

Mit dem sogenannten „Pakt der Verantwortung“ sollen in Frankreich Unternehmen vom Staat um rund 30 Milliarden Euro entlastet werden. Im Gegenzug sind sie gefordert, mehr Personal einzustellen. Ergänzend soll ein „Pakt der Solidarität“ dafür sorgen, dass auch Arbeitnehmer von Steuern und Abgaben entlastet werden. Der Staat kommt mit der Haushaltssanierung jedoch nur schleppend voran - 2013 lag das Defizit bei 4,3 statt der angepeilten 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Um das Haushaltsziel zu erreichen, hat Frankreich von der EU bereits einen Aufschub von zwei Jahren erhalten. Eine weitere Fristverlängerung will EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn jedoch nicht mehr gewähren, auch wenn Hollande vor kurzem mehr Freiheit zur Belebung des Wirtschaftswachstums gefordert hatte.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pocht auf Einhaltung der zugesagten Sparmaßnahmen: „Wir finden es nicht schlecht, wenn man sich in Europa an die Regeln hält, die man sich selbst gegeben hat“, sagte der Minister im Bundestag. Es sei vor Jahren „ein schwerer Fehler“ gewesen, als Deutschland und Frankreich den europäischen Stabilitätspakt gebrochen hatten. „Nur wenn wir uns an Vereinbarungen und Regeln halten, schaffen wir die Voraussetzungen für weiteres stabiles Wachstum“, sagte Schäuble.

Wie aus französischen Parlamentskreisen verlautete, will Valls einen überarbeiteten Budgetplan für die Jahre 2015 bis 2017 nun erst Ende April und nicht wie bislang geplant Mitte des Monats vorlegen. Hollande hatte Valls nach der schweren Schlappe der Sozialisten bei der Kommunalwahl zum Ministerpräsidenten ernannt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Amerika: Hat Joe Biden jemals wirklich die USA regiert?
11.03.2025

Wurde die US-Regierung per Autopen (Unterschriftenautomat) gesteuert? Ein Bericht enthüllt, dass fast alle Biden-Dokumente maschinell...

DWN
Politik
Politik BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl
11.03.2025

Knapp gescheitert, doch nicht bereit aufzugeben: Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Die Partei zweifelt...

DWN
Politik
Politik Bargeldreform: Verschwinden bald die Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
11.03.2025

Kaum jemand zahlt noch mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen – stattdessen verstopfen sie Geldbeutel oder verschwinden in Sparschweinen. Die...

DWN
Technologie
Technologie Der Verbrenner-Golf bleibt mindestens bis 2035: Volkswagen Vertriebschef Martin Sander im Interview
11.03.2025

Volkswagen steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits soll die ID-Familie den Markt für Elektroautos erobern, andererseits...

DWN
Politik
Politik Grönland wählt heute Parlament
11.03.2025

Die Menschen auf Grönland wählen ein neues Parlament – doch der Wahlkampf wird von außen beeinflusst. Trump mischt sich ein, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Künstliche Intelligenz: KI-Trading revolutioniert den Anlegermarkt – Welche Vorteile, Risiken und Möglichkeiten es gibt
11.03.2025

KI-Trading ermöglicht es Anlegern, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schneller und präzisere Marktanalysen zu erstellen und...

DWN
Politik
Politik Drohnenangriff auf Moskau fordert drei Todesopfer - Friedensgespräche beginnen
11.03.2025

Ein massiver Drohnenangriff auf Moskau erschüttert Russland: Zwei Tote, beschädigte Gebäude und gesperrte Flughäfen. Während der Kreml...

DWN
Immobilien
Immobilien Neues Büro finden: Was ist zu beachten und wie vermeidet man kostspielige Fehler bei der Suche?
11.03.2025

Die Firma wächst schneller als erwartet und mit ihr das Personal? Oder die Firmenräumlichkeiten werden nicht mehr benötigt? Je nachdem...