Politik

US-Vizepräsident Biden droht Russland: „Die Zeit läuft ab“

US-Vizepräsident Joe Biden hat bei einem Besuch in Kiew Moskau gedroht: Die Zeit laufe ab, die Russen müssten ihre Truppen zurückziehen. Sonst drohe eine massive Isolation. Europa müsse sich von der Energie aus Russland lösen. Die Amerikaner wollen die Ukraine politisch bei der Präsidentenwahl unterstützen. Moskau reagierte kühl auf die Drohungen.
22.04.2014 19:53
Lesezeit: 2 min

Die USA sagen in der Ukraine-Krise der Regierung in Kiew neue Hilfen zu und erhöhen den Druck auf Russland. US-Vizepräsident Joe Biden betonte am Dienstag nach einem Treffen mit Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk in Kiew, die US-Regierung habe gegenüber der Führung in Moskau deutlich gemacht, dass weitere Provokationen Folgen haben würden. Russland müsse die Genfer Vereinbarungen umzusetzen und seine Truppen von der Grenze abziehen. Anderenfalls drohe eine größere Isolation. Die Zeit laufe ab, warnte Biden. Der Ukraine versicherte der Vizepräsident, der der höchstrangige US-Besucher seit Ausbruch der Krise ist: "Wir wollen Ihr Partner und Freund sein." In der Ost-Ukraine hielten pro-russische Separatisten weiter Gebäude besetzt und verstießen damit gegen die Vereinbarungen. Polen und Großbritannien legten Vorschläge vor, um Europa unabhängiger von russischem Erdgas zu machen.

Die US-Regierung kündigte parallel zu dem Besuch weitere Hilfen von insgesamt 58 Millionen Dollar an - verglichen mit den Bedürfnissen des Landes und einer früheren Kredit-Garantie über eine Milliarde Dollar eine kleine Summe. Ein Teil des Geldes soll für die Realisierung der Präsidentenwahl am 25. Mai verwendet werden, die Biden zufolge "die wichtigste Wahl in der Geschichte der Ukraine" werden könnte. Er forderte die Regierung in Kiew mit Nachdruck auf, gegen Korruption im Lande vorzugehen.

An Russland gerichtet erklärte Biden, die Regierung müsse endlich den Worten Taten folgen lassen. "Keine Nation darf ihren Nachbarn drohen, indem sie Truppen an der Grenze zusammenzieht", sagte er nach dem Treffen mit Jazenjuk. Diese müssten abgezogen werden. Jazenjuk warf seinerseits Russland vor, die Präsidentenwahl durch den Einsatz von Sondereinheiten im Osten des Landes stören zu wollen. Zudem müsse die Regierung in Moskau ihre Truppen von der Krim abziehen. Die Russische Förderation hat die Halbinsel inzwischen zu ihrem Staatsgebiet erklärt.

Ein weiteres Thema bei dem Biden-Besuch war der Aufbau einer sicheren Energieversorgung. Die Ukraine deckt gegenwärtig mehr als die Hälfte ihres Bedarfs mit russischem Gas. "Stellen Sie sich vor, Sie könnten Russland heute sagen: 'Behaltet euer Erdgas'", sagte Biden. "Es wäre eine ganz andere Welt." Auch die EU könnte von diesem Aspekt des Streits betroffen sein: Sie erhält ein Drittel ihres Gases aus Russland. Davon fließen 40 Prozent über die Ukraine. Die USA haben dagegen durch die umstrittene Förderung von Schiefergas ihre Abhängigkeit von Energie aus dem Ausland deutlich verringert.

Polens Ministerpräsident Donald Tusk forderte in der "Financial Times", nun müsse auch die EU vermehrt auf dieses Verfahren zurückgreifen. Er schlug den Aufbau einer Europäischen Energieunion nach dem Vorbild der Bankenunion vor. Dazu gehöre eine Zentrale, die Gas für alle 28 Mitgliedsländer einkaufe sowie ein Solidaritätsmechanismus, über den EU-Staaten bei Engpässen unterstützt werden könnten. Der britische Energieminister Ed Davey kündigte einen Vorstoß auf einem Treffen mit seinen G7-Kollegen im Mai an, um die Vormachtstellung Russlands bei der Erdgas-Versorgung zu brechen. "Es kann nicht sein, dass Russland einzelne Staaten erpresst", erklärte er der "Times".

Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezeichnete europäische Überlegungen zum Import amerikanischen Erdgases dagegen als Bluff. Auch Präsident Wladimir Putin hat erklärt, Europa komme ohne Erdgas aus seinem Land nicht aus. Der staatliche Versorger Gazprom teilte am Dienstag mit, die Erdgasnachfrage in Europa werde langfristig sogar zunehmen. Man stehe bereit, diese zu bedienen.

In der Ost-Ukraine hielten Bewaffnete pro-russische Separatisten weiter mehrere Regierungsgebäude besetzt. Damit verstießen sie gegen eine am Donnerstag zwischen der Ukraine, Russland, den USA und der EU in Genf geschlossene Vereinbarung, auf der die Hoffnungen für eine friedliche Lösung der Krise ruhen. Die OSZE sprach von konstruktiven Gesprächen mit den Separatisten. Der Westen hat mit neuen Sanktionen gegen Russland gedroht, sollte die Regierung in Moskau nicht mäßigend auf sie einwirken. Russland hat seinerseits von den USA verlangt, ihren Einfluss auf die Regierung in Kiew zu nutzen, um die Lage nicht weiter anzuheizen.

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