Politik

EU: Außer Versprechen gab es bisher nichts für arbeitslose Jugendliche

Im Dezember 2012 beschloss die EU-Kommission ein Beschäftigungspaket für junge Menschen. Doch von den 6 Milliarden Euro, mit denen groß die Schaffung neuer Arbeitsplätze angekündigt wurde, ist bis heute kein Cent geflossen. Die EU hatte sich Finnland als Vorbild genommen: Doch dort sieht man, dass eine staatliche Garantie nichts bewirkt.
15.07.2014 00:57
Lesezeit: 2 min

Konkret sieht die Jugendgarantie der Europäischen Union folgendes vor: Jeder Arbeitssuchende unter 25 soll innerhalb von vier Monaten, nachdem er arbeitslos wurde, ein Angebot erhalten – ein Angebot für eine Arbeitsstelle, einen Ausbildungsplatz, ein Praktikum oder eine Bildungsmaßnahme. Versprochen wird zudem, dass solche Angebote „qualitativ hochwertig“ und „auf die persönlichen Bedürfnisse der Person abgestimmt“ sind.

Die EU-Kommission beschloss die Jugendgarantie im Dezember 2012. Damals gab es 5,75 Million arbeitslose junge Menschen in der EU (einschließlich Kroatiens). 23,6% der arbeitssuchenden Jugendlichen waren ohne Beschäftigung. In Griechenland lag die Jugendarbeitslosenquote sogar bei 58,4% und in Spanien bei 55,4%.

Gut vier Monate später, im April 2013 beschloss der Europäische Ministerrat in Gestalt der europäischen Arbeitsminister das Programm. Nach wie vor waren 23,6% der Jugendlichen arbeitslos. In den Krisenländern waren die Quoten (saisonbereinigt) weiter gestiegen. 58,8% in Griechenland, 55,6% in Spanien.

Danach beschäftigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs noch zweimal mit dem Programm, nämlich im Juni 2013 und im November 2013. Warum sie das taten, ist nicht wirklich klar, denn formal reicht ein Beschluss des Ministerrates aus. Auf beiden Gipfeltreffen wurde allerdings Entschlossenheit im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit demonstriert und die Presse berichtete eifrig. Weniger beeindruckt zeigten sich die Statistiken. Im November 2013 lag die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen bei 23,1%. Das waren 5,50 Millionen arbeitslose junge Leute unter 25.

Und nun, Ende Juni 2014, wird bekannt: Noch immer ist kein einziger Euro der 6 Milliarden Euro EU-Gelder, die zur Unterstützung der Jugendgarantie bereitgestellt wurden, ausgegeben worden. Als erstes nationales Programm zur Umsetzung der Jugendgarantie wurde im Juni das französische von der EU-Kommission genehmigt. 620 Millionen Euro aus dem Europäischen Beschäftigungsfonds und dem Europäischen Sozialfonds können nun nach Frankreich fließen.

Überhaupt haben erst zwölf Mitgliedsstaaten Umsetzungsprogramme für die Jugendgarantie der Kommission vorgelegt. Acht Staaten arbeiten noch an ihrem Konzept, unter anderem Griechenland (nach letzten Zahlen 57,7% Jugendarbeitslosigkeit) und Italien (aktuell 43,0% Jugendarbeitslosenquote, was für Italien Rekord ist).

Fazit der Statistiker: Nach mehr als 1 ½ Jahren EU-Aktivismus sind noch immer 5,58 Millionen Jugendliche oder 22,2% arbeitslos.

Und wie geht es weiter? Als Vorbild für die EU-Jugendgarantie gilt vor allem Finnland. „Das finnische System reagiert sehr schnell auf die jeweilige Situation der jungen Leute und bietet ihnen individuell angepasste Lösungen an, wodurch die Arbeitslosigkeit letztendlich sinkt.“ So berichtet die EU-Kommission. Der erste Teil dieser Aussage mag sogar stimmen, aber die Jugendarbeitslosigkeit sinkt in Finnland trotzdem nicht. In Finnland sind 19,7% der Jugendlichen arbeitslos. Ende 2012 waren es 19,6%.

Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin kritisiert in einem Kommentar für den Wochenbericht seines Instituts „dass die europäischen Politiker die Jugendarbeitslosigkeit vor allem als ein isoliertes Phänomen ansehen, das wenig mit der allgemeinen Beschäftigungslage zu tun hat.“ Anstatt Jugendliche als Problemfälle anzusehen, denen besonders geholfen werden muss, sollte die Politik besserfür ein wachstumsfreundliches Umfeld sorgen, damit sich die Beschäftigung durch eine expandierende Produktion mehr und mehr aufbaut und die Arbeitslosigkeit zurückgeht.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...