Unternehmen

Parteien haben trotz Krise 450 Millionen Euro Vermögen angehäuft

In Deutschland gibt es einen Staat im Staate, der sich mitten in der Wirtschaftskrise bisher ungeahnte Vermögen zugeschanzt hat: Die politischen Parteien haben ihre Position genutzt, den Steuerzahlern Millionen abzunehmen. Eine öffentliche Diskussion oder gar eine wirksame Kontrolle findet nicht statt.
20.07.2014 00:01
Lesezeit: 2 min

Die Vermögen der deutschen Parteien haben sich trotz Sparkursen und Krisen in den vergangenen Jahren vervielfacht. Einen großen Anteil daran hat der Staat: Fraktionsgelder und Parteizuschüsse spülen jährlich Millionenbeträge in die Parteikassen und machen inzwischen über die Hälfte der Parteieinnahmen aus. Ein Grund für die Politiker, die Geldflüsse mit immer neuen Tricks zu verschleiern.

Sie wissen auch, warum sie ihre Vermögen besser nicht an die große Glocke hängen. Denn während in ganz Europa Sparkurse verordnet werden, haben die Parteien Methoden gefunden, sich beim Steuerzahler zu bedienen.

Das Ergebnis der Sparkurse ist für viele EU-Länder katastrophal: Massenarmut, Massenarbeitslosigkeit, Rezession, steigende Schulden. Obwohl die Bundesregierung ihre Austeritätspolitik in europäischen Finanzfragen durchsetzt – besser gesagt gerade deswegen - ist die gewöhnlich zu erwartende robuste Erholung nach einer Rezession nicht eingetreten. Derzeit gibt es lediglich schwache Anzeichen einer Verbesserung.

Doch während viele kleine Familien nicht wissen, wovon sie in den kommenden Jahren leben werden, gibt es eine kleine Gemeinschaft, die sich weigert, zu sparen: Die politischen Parteien in Deutschland haben mehr Vermögen angehäuft als je zuvor. 

Schon zu Beginn der neuen Legislaturperiode erhöhten die Parlamentarier die unmittelbaren staatlichen Mittel, die ihre Parteien erhalten. Zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode lag die Summe bei 133 Millionen Euro. Jetzt steigt sie auf fast 157 Millionen. Doch damit nicht genug. Ihren eigenen Bundestagsfraktionen gegenüber waren sie auch großzügig. Im selben Zeitraum stockten sie deren Fraktionsgelder von 78.7 Millionen Euro auf rund 84,7 Millionen auf. Immer noch nicht genug. Gleichzeitig erhöhten sie den Etat für „Leistungen, Zuschüsse und Unterstützungen an Mitglieder und ehemalige Mitglieder“ des Bundestags von 287 Millionen Euro auf 332,5 Millionen. Dies könnte unaufhaltsam weitersteigen, da der gegenwärtige Bundestag kurz nach seiner Konstituierung nochmal aus dem Vollen schöpfte und die Diäten erneut um 830 auf 9.082 Euro monatlich anhob (Anfang 2010 waren es noch 7.668 Euro). In vielen Landtagen herrscht traditionell ebenfalls Großzügigkeit im Dienst der eigenen Partei und dem Privatkonto.

Da ist es kein Wunder, dass die öffentliche Hand inzwischen dank einer ganzen Reihe von Tricks weit über die Hälfte der Einkünfte der Parteien beisteuert, direkt und indirekt. Während viele Parteien unter dramatischem Mitgliederschwund und sinkenden Spendeneinnahmen leiden, ist es der Staat, der die Parteien zunehmend alimentiert – und ausgerechnet die Politiker selber entscheiden darüber.

Es geht den politischen Parteien hierzulande finanziell so gut wie nie. Wenn man das Reinvermögen der Parteien betrachtet, die in der vergangenen Legislaturperiode vertreten waren, gewinnt man erstaunliche Erkenntnisse: Laut den jüngsten Zahlen aus 2012 – die Finanzberichte der Parteien gibt es fast immer erst eineinhalb Jahre nach Jahresende - ist dieses Vermögen in den vergangenen zehn Jahren um über 60 Prozent auf 450 Millionen Euro angewachsen. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass dazwischen eine schwere Wirtschaftskrise stattfand. Führend war die CDU, deren Reinvermögen sich in der Zeit von 74 auf 135 Millionen Euro fast verdoppelt hat. Die SPD konnte ihr Vermögen von 135 Millionen Euro auf 207 Millionen steigern. Die FDP hat vorgemacht, wie man sich die eigene Regierungszeit vergolden kann, wie bei den Affären um Mövenpick und der Gauselmann Gruppe: Nach der Bundestagswahl 2009 hatte die Partei noch Schulden auf dem Konto. Ende 2012 (ein Jahr vor dem Ende der Legislaturperiode) hatte die FDP schon ein Vermögen von fast elf Millionen Euro angehäuft.

***

Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten dokumentieren in einer Serie das Wirken der Parteien. Vertreten Politiker wirklich den Willen des Volkes? Oder arbeiten sie auf eigene Rechnung?

Mathew D. Rose ist einer der angesehensten investigativen Journalisten in Deutschland. In seinem Buch "Korrupt? Wie unsere Politiker und Parteien sich bereichern - und uns verkaufen" folgt der Spur des Geldes und wirft einen Blick hinter die Finanzkulissen von Parteien und Politikern. Er enthüllt, dasss Politik nach den Gesetzen des Big Business funktioniert. Geld und Macht bestimmen immer öfter die politischen Entscheidungen. Die Demokratie droht auf der Strecke zu bleiben.

Teil 2 der Serie folgt am Dienstag. Hier wird beleuchtet, wie sich die Parteien übermäßige Diäten zuschanzen, um einen Teil an ihre Partei-Organisationen abführen zu können. Ohne die Partei sind die meisten Politiker nichts, und die Parteien fordern ihren Tribut für dieses Machtsystem. Aufzubringen sind die Kosten vom Steuerzahler.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...