Der technologische Fortschritt könnte in den nächsten Jahren mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in der EU überflüssig machen. Insbesondere künstliche Intelligenz, lernende Maschinen und mobile Roboter ersetzen menschliche Arbeiter branchenübergreifend in allen Bereichen.
Wie der belgische Thinktank Bruegel ausgerechnet hat, werde zunächst der Niedriglohnsektor und minderqualifizierte Arbeiten betroffen. Doch künstliche Intelligenz befähige die Maschinen auch zu immer mehr anspruchsvolleren Tätigkeiten. Die Belgier berufen sich dabei auf eine Studie von 2013, die die Auswirkungen der Automatisierung auf den US-Markt untersucht.
Breugel wendet die Daten jetzt auf die 28 EU-Staaten an und zeigt in einer interaktiven Karte: In der EU fallen die Berechnungen sogar noch verheerender aus als in den USA: Während in den USA etwa 47 Prozent der Jobs in den nächsten Jahren durch Automatisierung wegfallen, liegt die Prozentzahl in der EU bei 54 Prozent. Für Deutschland hat Bruegel das Risiko auf 51 Prozent aller Jobs beziffert. Damit liegt der Anteil der gefährdeten Jobs in der Bundesrepublik höher als in den skandinavischen Staaten, doch weit niedriger als in den ärmeren Südländern: In dem ärmsten EU-Land Rumänien könnten laut den Berechnungen durch die fortschreitende Automatisierung sogar 61 Prozent der ohnehin raren Arbeitsplätze wegfallen.
Ob Selbstbedienungskassen im Supermarkt oder Fertigungsroboter in der Autoindustrie: Es sind immernoch vor allem die einfachen Tätigkeiten, bei denen menschliche Service- oder Arbeitskräfte leicht durch computergesteuerte Maschinen zu ersetzen sind (mehr dazu hier). Je höher das Risiko der Automatisierung, desto geringer ist das Gehalt für den entsprechenden Beruf. Umgekehrt verzeichnen Berufe mit dem größten Grad der Präzision, Kreativität und Originalität die höchsten Gehälter.
Durch künstliche Intelligenz können aber inzwischen nicht mehr nur körperliche Arbeiten, sondern zunehmend auch intellektuell anspruchsvollere Tätigkeiten von Computern übernommen werden. Selbst Chirurgen bekommen durch Präzisions-Roboter im Operationssaal Konkurrenz. Selbstfahrende Autos könnten bald Hunderttausende Fernfahrer arbeitslos machen, Computer-Hotlines die Telefon-Verkäufer.
Es gibt auch Experten, die die Entwicklung positiv bewerten, wie die Autoren Rieger und Kurz in dem Buch "Arbeitsfrei". Denn die Automatisierung führt zu weniger Arbeit und dadurch zu einem Gewinn an Freizeit. Solange allerdings die neuen Technologien als Produktionsmittel wenigen Vermögenden vorenthalten bleiben, kommt auch die Geld- und Zeitersparnis nicht bei der Masse der Arbeiter an.
Zudem geht die zunehmende Technologisierung auch mit einem Mangel einher: Bis 2020 werden nach Einschätzung des Empirica-Instituts rund 900.000 IT-Experten fehlen, um die neuen intelligenten Maschinen zu programmieren.