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Standard & Poor's erklärt Argentinien für pleite

Lesezeit: 2 min
31.07.2014 00:18
Die US-Rating-Agentur Standard&Poors hat die Kreditwürdigkeit Argentiniens auf "teilweise zahlungsunfähig" heruntergestuft. Wirtschaftsminister Kicillof erklärte die Verhandlungen mit den Gläubigern in New York für gescheitert, weigert sich aber, Argentinien als zahlungsunfähig zu bezeichnen. Er fordert weiter, die rechtmäßigen Gläubiger bezahlen zu dürfen.
Standard & Poor's erklärt Argentinien für pleite

Argentiniens Wirtschaftsminister Kicillof erklärte die Gespräche mit US-Gläubigern für gescheitert. "Die Geier-Fonds haben unsere Angebote nicht akzeptiert. Wir lassen uns keinen illegalen Kompromiss gegen Argentinien aufzwingen." Kicillof betonte, dass es nicht darum gehe, den Hedge-Fonds ihr geliehenes Geld zurückzuzahlen, sondern um weit über tausendprozentige Gewinnauszahlungen. Er wirft den Fonds vor, sich an der Staatspleite Argentiniens bereichern zu wollen. "Die USA scheint die Probleme ihres deregulierten Finanzsystems exportieren zu wollen. Doch wir sind nicht zahlungsunfähig, das bedeutet etwas anderes. Wir hingegen haben schon gezahlt."

Bereits einige Stunden vor Ablauf der Frist hat die US-Rating-Agentur Standard&Poors die Kreditwürdigkeit Argentiniens auf "teilweise zahlungsunfähig" heruntergestuft und das Land damit für pleite erklärt. Die Beurteilung wurde von CCC- auf SD für Selective Default geändert. Kicillof reagierte trotzig auf die Herabstufung. "Wer glaubt schon Rating-Agenturen? Wenn sie so viel über Risiken wissen, wieso haben sie die Hypothekenbesitzer 2008 nicht vor dem Crash gewarnt?" so der Wirtschaftsminister.

Als Begründung für die Abstufung sagte die Ratingagentur, Argentinien sei mit Zahlungen über 539 Millionen Dollar technisch im Verzug. Diese Summe hatte Argentinien zwar für die Schuldentilgung in New York hinterlegt, ein US-Richter stoppte jedoch die Auszahlung. Argentinien dürfe so lange keine anderen Schulden bedienen, bis es den US-Hedge-Fonds die volle Summe auszahlt. Die von Argentinien als "Geierfonds" geschmähten Finanzhäuser hatten die Anleihen bei der argentinischen Staatspleite 2001 zu Schrottpreisen erworben, einen Schuldenschnitt verweigert und dann auf volle Auszahlung mit 1608-prozentigem Gewinn geklagt.

Die Regierung in Buenos Aires weigert sich weiterhin, den Hedgefonds die von dem New Yorker Gericht zugesprochenen 1,33 Milliarden Dollar plus Zinsen auszuzahlen. Kicillof forderte allerdings das Recht, die 539 Millionen geparkten Dollar an "ihre rechtmäßigen Besitzer auszubezahlen."

Ein Hilfsangebot kam in letzter Minute von den Banken des Landes: Ein Konsortium aus Finanzhäusern wollte die Schulden des Landes bei den klagenden Hedgefonds übernehmen. Die Kläger in New York hatten ein dazu notwendiges Umschuldungsangebot jedoch nicht akzeptiert. Damit ist Argentinien seit Ablauf der Frist um Mitternacht zahlungsunfähig.

Bereits 2002 rutschte das Land in Folge einer Wirtschaftskrise in die Pleite. Anders als damals, als in Argentinien Unruhen ausbrachen, dürfte es diesmal allerdings nicht zu Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten kommen. Das südamerikanische Land ist bereits weitgehend von den Kapitalmärkten abgeschnitten und spielt an den Anleihenmärkten keine große Rolle. Auch innenpolitisch ist Argentinien nicht mehr so instabil wie zu Beginn des Jahrhunderts, auch wenn die galoppierende Inflation bei einer erneuten Staatspleite weiter anziehen und die Landeswährung Peso an Wert verlieren dürfte.

Die Regierung versuchte bis zuletzt das Verfahren hinauszögern. Denn ab nächsten Jahr können sich Gläubiger, die den Schuldenschnitt akzeptiert haben, nicht mehr auf eine Klausel zur Besserstellung berufen. Die Regelung läuft Ende Dezember aus. Da sich mehr als 90 Prozent der Gläubiger auf den Schuldenschnitt eingelassen haben, muss Argentinien bei einer Auszahlung der Hedgefonds ohne Abschlag eine Prozesslawine fürchten.

 

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