Politik

Umweltministerin Hendricks will Kühen das Furzen verbieten

Lesezeit: 2 min
23.08.2014 01:12
Deutschland bekommt 2015 mehr als fünf Milliarden Euro als Agrar-Förderungen von der EU. Doch Kühe, die Unmengen an Methangas ausstoßen, sind fast so schädlich für das Klima wie Autoabgase. Doch der wahre Grund für das Kuh-Desaster ist die absurden Agrar-Subventionen der EU.
Umweltministerin Hendricks will Kühen das Furzen verbieten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Methangas (CH4) ist um ein zig-faches schädlicher fürs Klima als Kohlendioxid (CO2). Eine einzige Milchkuh erzeugt 300 bis 500 Liter Methangas täglich. Das ist der globale Klimakiller Nummer zwei, so Einschätzungen der Weltbank. Dennoch werden die Landwirte mit Milliarden Euro unterstützt, um das bestehende System aufrecht zu halten.

Zur Verringerung der Treibhausgase will Bundesumweltministerin Barbara Hendricks von der SPD nun den Methangas-Ausstoß bei der Verdauung von Kühen in den Fokus nehmen. „Dieser Bereich ist nicht zu vernachlässigen“, sagte Hendricks beim Besuch eines Pilotprojekts in Kleve mit Blick auf die Emissionen in der Landwirtschaft. In dem Versuchsstall der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftskammer werden je 48 Kühe in drei Gruppen gehalten. Mit unterschiedlichen Böden und Futtermethoden wird dort getestet, wie Emissionen bei den Wiederkäuern gemindert werden können. Bei mehr Mais- statt Grasfutter gab es rund zehn Prozent weniger Methanemissionen.

Die Landwirtschaft macht acht Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland aus. 26 Prozent davon entfallen auf die Tierhaltung, vor allem auf den Methanausstoß bei der Verdauung. Seit 1990 sind die Landwirtschafts-Emissionen um 23 Prozent zurückgegangen, auch weil nach der Einheit der Tierbestand zunächst deutlich abnahm.

Ziel ist es, die Gesamtemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Bisher läuft es nur auf minus 33 Prozent hinaus, daher sucht Hendricks überall zusätzliche Einsparmöglichkeiten, im November soll das Bundeskabinett einen Aktionsplan beschließen.

Kritiker sehen den größten Fehler der Agrarpolitik in den Subventionen der EU. Im Rahmen der „Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik“, wird in der entsprechenden EU-Verordnung die „Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe“ geregelt. Die nationale Obergrenze für Deutschland beträgt für das Jahr 2015 mehr als fünf Milliarden Euro.

Statt den Fördergeldern werden Umweltabgaben und Emissionssteuern gefordert.

„Die anstehende Reform der Europäischen Agrarpolitik muss klimapolitisch ausgerichtet werden. Das bestehende Subventionssystem fördert über Flächenprämien die landwirtschaftliche Produktion undifferenziert und ist extrem klimaschädlich. Das Subventionssystem muss abgeschafft und durch ein System von Umweltabgaben und Emissionssteuern ersetzt werden. Die Steuern oder Abgaben müssen auf die Emissionen der Treibhausgase sowie auf den Einsatz klimarelevanter Inputs (Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel) erhoben und gleichermaßen auf Ökolandbau und konventionelle Landwirtschaft angewendet werden“, so der foodwatch-Report „Klimaretter Bio?“

Die Landwirtschaft in den Emissionshandel mit einzubinden, sei nicht praktikabel. Zu unterschiedlich sind die Emissionen der einzelnen Betriebe. Die Emissionsmengen variieren stark in Abhängigkeit von den jeweiligen Unterschieden in der Tierhaltung, den Bodenbedingungen und anderen Faktoren.

Besonders schlechte Nachrichten gibt es für Anhänger von Bio-Fleisch. Es hat eine miserable Klima-Bilanz: Herkömmliches Schweinefleisch ist für weit weniger Klimagase verantwortlich als ökologisches Rindfleisch oder ökologische Milchprodukte. Ein Kilogramm Ochsenfleisch aus ökologischer Produktion verursacht die vierfache Menge an Treibhausgasen wie ein Kilogramm Schweinefleisch aus einem konventionellen, effizient geführten Betrieb.

Ein Konsument von ökologischem Rindfleisch verantwortet in einem Jahr so viele Treibhausgase wie jemand mit der gleichen Menge Nicht-Bio-Schweinefleisches in vier Jahren, errechnet foodwatch.

In Australien wird das Problem pragmatischer gelöst: Dort startete ein Impf-Programm für Rinder um Schafe, um die Flatulenzen der Tiere zu minimieren. Die Wissenschaftler wollen so den Methan-Ausstoß um 20 Prozent pro Tier verringern. Bei rund drei Millionen geimpften Tieren entspricht dies einer Einsparung von 300.000 Tonnen Kohlendioxid.

Die rund 114 Millionen Schafe und 27 Millionen Rinder produzieren durch Blähungen und Aufstoßen Methan-Emissionen in Höhe von umgerechnet 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid, was rund 14 Prozent der Treibhausgas-Emissionen des Landes entspricht, berichtet ABCnews.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...

DWN
Panorama
Panorama Länder drängen Bund zur Handlung bezüglich des Deutschlandtickets
18.04.2024

Verkehrsminister erhöhen den Druck auf Bund und Länder in Finanzierungsstreit um Deutschlandticket.

DWN
Finanzen
Finanzen Tarifverhandlungen 2024 könnten Preisanstieg befeuern - es droht Inflationsspirale
18.04.2024

Die anstehenden Tarifverhandlungen in den großen Industrien bedrohen die Preisstabilität in Deutschland: Eine IW-Studie sieht das...

DWN
Politik
Politik Festnahmen in Bayern: mutmaßliche Agenten mit Russlandverbindungen
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel bedroht Mittelstand mehr als teure Energie
18.04.2024

Ein Mangel an geeignetem Personal ist für viele Firmen in Deutschland Alltag. Im Mittelstand ist der Fachkräftemangel laut einer neuen...