Politik

Russland-Sanktionen: Westen spekuliert mit dem Sturz von Putin

Lesezeit: 2 min
04.09.2014 00:08
Der Westen möchte mit den Sanktionen gegen Russland den Sturz von Präsident Wladimir Putin beschleunigen, sagt die Grünen-Politikern Marieluise Beck. Der Westen habe nach dem Fall der Mauer versucht, Russland von außen zu „modernisieren“. Dieser Versuch sei gescheitert.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach Auffassung von Marieluise Beck, Mitglied im auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, besteht eine Chance, dass die Sanktionen die Position von Präsident Wladimir Putin innerhalb des Kreml schwächen werden. Beck sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten im Rahmen des Economic Forum in Krynica-Zdroj in Polen: „Die Sanktionen bringen die Chance, dass innerhalb des Kreml Friktionen auftreten.“

Beck glaubt, dass die Politik Putins in der Ukraine auf eine „innenpolitische Schwäche des russischen Präsidenten“ zurückzuführen ist. Beck: „Putin betreibt die Stabilisierung der Ukraine, um in Moskau einen Erfolg vorweisen zu können.“ Beck warnt den Westen davor, zu glauben, dass mit einem Waffenstillstand das Problem gelöst sei: „Es wäre ein Fehler, nun die Gefahr zu unterschätzen. Die Versuchung ist groß, weil der Westen hofft, keine Folgen aus den Sanktionen tragen zu müssen.“

Eine Mitschuld für die Krise in der Ukraine durch die EU bestritt Beck vehement: Es sei die Aufgabe von Präsident Janukowitsch gewesen, mit den Russen zu verhandeln. Das habe er nicht geschafft, danach sei die Krise eskaliert.

Beck beschreibt die Zusammenarbeit mit der aktuellen russischen Regierung als ausgesprochen schwierig:  „Wenn unser Außenminister Steinmeier mit Herrn Lawrow verhandelt, so kann man nicht davon ausgehen, dass der russische Außenminister die Prokura für das Gespräch hat. Alle Entscheidungen fallen im kleinen Kreis um Putin. Der Kreml wird extrem autokratisch geführt.“ Beck sieht in dieser Entwicklung einen Beleg dafür, dass Putin „trotz seiner Drohgebärden nach außen im Inneren um seinen Machterhalt kämpfen“ muss. Beck: „Das haben wir schon im Jahr 2012 gesehen, wo Putins Macht erstmals ernsthaft bedroht gewesen ist.“

Die Amerikaner setzen seit Anbeginn der Ukraine Krise darauf, Putin zu stürzen. Die USA würden einen Führer im Kreml bevorzugen, der pragmatischer und westlicher ist. Interessanterweise lobte Beck bei dem Economic Forum ausdrücklich das Auftreten von Premier Medwedew. Dieser habe im Westen große Hoffnungen geweckt, weil er den Eindruck eines modernen Politikers gemacht habe.

Bei einer Podiumsdiskussion sagte Beck, Europa hatte nach dem Ende des Kalten Krieges versucht, mit Russland zunächst eine Partnerschaft einzugehen. Diese Partnerschaft sollte danach in eine Modernisierungspartnerschaft umgewandelt werden. Beck: „Ein Land wie Russland kann nicht von Öl und Rohstoffen allein auf Dauer leben. Ein Land wie Russland braucht eine moderne Wirtschaft und eine moderne Gesellschaft.“ Putin habe jedoch gezeigt, dass er eine andere Gesellschaft wolle. Die Einschränkung der zivilen Freiheiten in Russland habe, so Beck, „faktisch zur Abschaffung der Zivilgesellschaft geführt“.

Der Westen möchte sein Gesellschaftsmodell auch in Russland  verwirklicht sehen. Dazu gehöre eine liberale Gesellschaft, Putin dagegen schwebt aus Sicht vieler EU-Politiker ein konservativer, autoritärer Staat vor. Dieser weckt vor allem bei den Osteuropäern die Furcht vor der Rückkehr einer repressiven Ideologie. Viele der heute in Osteuropa tätige Politiker stammen aus dem Bürgerbewegungen gegen den Kommunismus. So war der polnische Premier und designierte EU-Ratspräsident aktiv in der Solidarnosc tätig. Diese Sorge war auf dem Economic Forum von vielen Osteuropäern zu hören.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....