Politik

Machtkampf in Brüssel: Juncker entmachtet EU-Finanzkommissar Moscovici

Der neue EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici kann Entscheidungen zur Eurozone nicht autonom entscheiden. Zudem muss er die Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik mit dem Vizepräsidenten abstimmen. Der Franzose ist somit bereits vor seinem Amtsantritt entmachtet.
03.10.2014 01:42
Lesezeit: 1 min

Pierre Moscovici wird als neuer EU-Finanzkommissar bereits vor seinem Amtsantritt von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker entmachtet.

Ein geleaktes Dokument zur Organisation der Verantwortlichkeiten der Kommissionsmitglieder verdeutlicht die Beschneidung von Moscovicis Kompetenzen.

Es zeigt die Entscheidung des neuen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker, eine spezielle Regel exklusiv für den designierten Neu-Kommissar für Wirtschaft und Währung Pierre Moscovici zu erlassen. Dieser muss jegliche Entscheidung zur Koordination und Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten, insbesondere aus der Eurozone, gemeinsam mit dem Vizepräsidenten für Euro und Sozialen Dialog Valdis Dombrovskis erarbeiten und einreichen.

Die EU-Kommission mauert den designierten Neu-Kommissar Moscovici ein. Dieses Schicksal widerfährt sonst keinem anderen designierten Neu-Kommissar. So schafft Jean-Claude Juncker eine ,Lex-Moscovici‘ und beschneidet die Rechte des französischen Sozialisten“, kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

Dombrovskis soll anscheinend dafür sorgen, dass auch der Sozialist Moscovici einen knallharten Sparkurs einschlägt und durchzieht. Allerdings bekam Frankreich auch mit ihm als Finanzminister sein Schuldenproblem nicht in den Griff.

„Sicherlich ist es notwendig, dass die EU-Mitgliedsstaaten Anstrengungen zum Schuldenabbau und für wirtschaftliche Reformen unternehmen. Mit dieser speziellen Regel schießt Jean-Claude Juncker jedoch über das Ziel hinaus. Er schafft einen Kommissar Zweiter Klasse. Das wird antieuropäische Ressentiments in Frankreich verstärken“, so Giegold weiter.

Fraglich ist, wie der Franzose gegen sein Heimatland vorgehen will. Das Land ist hoch verschuldet und hat eine hohe Arbeitslosenquote.

Frankreich hatte zudem vor Kurzem angekündigt, die Defizitgrenzen noch auf Jahre überziehen zu wollen.

Bei seiner Anhörung im Brüsseler EU-Parlament am Donnerstagvormittag, sicherte Moscovici zu, gegen Defizitsünder in ganz Europa durchzugreifen. „Ich strebe an, dass die Defizite vermindert werden“, so der Franzose. „Falls ein Land, groß oder klein, die Regeln nicht einhält, nicht die nötigen Schritte einleitet, dann werde ich das Defizit-Verfahren weiter vorantreiben.“

Insbesondere Konservative in der Volksvertretung werfen dem Sozialisten vor, er habe während seiner Amtszeit als Finanzminister in Paris das Defizit seines Landes nicht in den Griff bekommen. Moscovici wies dies zurück. Während seiner Amtszeit, die vor sechs Monaten endete, sei die Neuverschuldung hingegen gesunken.

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