Politik

Wegen Russland-Sanktionen: EU-Kommission senkt Wachstumsprognose

Die EU-Kommission kassiert ihre Wachstumsprognosen. Damit wird der Druck auf Deutschland wachsen. Zahlreiche Länder fordern steuerfinanzierte Konjunkturprogramme aus Brüssel. Diese wäre der erste Schritt zu einer heimlichen Transfer-Union.
04.11.2014 14:25
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission blickt deutlich skeptischer auf die Konjunktur in der Euro-Zone. Die Brüsseler Behörde senkte am Dienstag ihre Wachstumsprognose für dieses und nächstes Jahr kräftig und erwartet erst 2016 wieder spürbare Besserung. Die Wirtschaft in den 18 Euro-Ländern dürfte 2014 nur um 0,8 (bisherige Prognose: 1,2) Prozent und 2015 um 1,1 (1,7) Prozent zulegen. Im übernächsten Jahr dürfte es dann mit 1,7 Prozent so stark bergauf gehen wie seit 2010 nicht mehr, behauptet die Kommission. Deutlich pessimistischer als bisher sieht die Kommission die Aussichten für die drei Schwergewichte Deutschland, Frankreich und Italien. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Industriestaatengruppe OECD hatten jüngst ihre Schätzungen kräftig heruntergeschraubt.

Die EU-Kommission begründete ihre Skepsis mit "steigenden geopolitischen Risiken" wie den Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten. Zudem gebe es weniger Rückenwind von der Weltwirtschaft. "Die Lage der Konjunktur und am Arbeitsmarkt verbessert sich nicht schnell genug", sagte Kommissions-Vize Jyrki Katainen, der auch für Wachstum, Arbeitsplätze und Investitionen zuständig ist. Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici plädierte für ehrgeizige Strukturreformen sowie mehr private und staatliche Investitionen.

Tatsächlich wird der Druck auf Brüssel und damit auf Deutschland wachsen, steuerfinanzierte Konjunkturprogramme zu starten. Der österreichische Sozialminister hat solche Programme am Montagabend im ORF gefordert. Juncker hate angekündigt, ein Milliarden-Programm aufzulegen. Allerdings wisse er nicht, woher das Geld kommen soll.

Beobachter erwarten, dass Juncker versuchen dürfte, über die Krisen-Stimmung auf heimlichem Weg die Fiskal-Union in der EU einzuführen.

Der deutschen Wirtschaft sagt die EU-Kommission für das laufende Halbjahr weitgehend Stagnation voraus. Die Konjunktur werde 2014 insgesamt um 1,3 (bisherige Prognose: 1,8) Prozent und 2015 um 1,1 (2,0) Prozent zulegen. Im übernächsten Jahr beschleunige sich das Wachstum dann auf 1,8 Prozent. Frankreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird der Brüsseler Behörde zufolge 2014 nur um 0,3 (1,0) Prozent und 2015 um 0,7 (1,5) Prozent steigen, 2016 dann mit 1,5 Prozent wieder stärker.

Neben Frankreich gilt auch Italien als Sorgenkind. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone erlebt derzeit ihr drittes Rezessionsjahr in Folge und dürfte nach Ansicht der Kommission 2014 um 0,4 Prozent schrumpfen. Bisher hatten die EU-Experten noch 0,6 Prozent Wachstum veranschlagt. Im nächsten Jahr werde das BIP um 0,6 (1,2) Prozent steigen, 2016 um 1,1 Prozent. Damit wird Italien sogar vom Krisenstaat Griechenland beim Wachstum überholt. Dort dürfte die Wirtschaft 2016 um 3,7 Prozent steigen.

Das stärkste Plus der großen Industriestaaten schafft 2014 laut EU-Kommission Großbritannien mit 3,1 Prozent. Allerdings war das Vereinigte Königreich auch mit deutlich stärkeren Blessuren aus der Wirtschafts- und Finanzkrise herausgekommen und wächst nun von einem vergleichsweise niedrigeren Niveau.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...