Der US-Ökonom Kenneth Rogoff von der Universität Harvard hat sich für die Abschaffung von Papiergeld ausgesprochen. „Die Zentralbanken könnten auf diese Weise leichter Negativzinsen durchsetzen, um so die Wirtschaft anzukurbeln“, sagte er am Dienstagabend bei einer Vorlesung in München. „Außerdem könnten Steuerflucht und Drogenkriminalität besser bekämpft werden“, fügte er hinzu. „Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zentralbank-Zinsen weiter zu senken. Seine Beseitigung wäre seine sehr einfache und elegante Lösung für dieses Problem.“ Die US-Notenbank habe erwogen, zum Höhepunkt der Finanzkrise zeitweise Negativzinsen von vier oder fünf Prozent einzuführen, um zu verhindern, dass die Menschen das zusätzliche Geld horten, das sie in Umlauf brachte.
Viel Geld werde für nicht deklarierte Geschäfte ausgegeben. Die US-Zentralbank habe etwa 4.000 Dollar Papiergeld pro US-Bürger ausgegeben und die EZB 4.000 Euro pro Bürger der Eurozone. Doch der Durchschnittsbürger habe weniger als 100 Dollar oder 100 Euro in seiner Brieftasche. Der Rest liege vermutlich in schwarzen Depots. „Zum Beispiel bei Drogenbaronen. Kürzlich sind bei einer Razzia in Mexiko 250 Millionen US-Dollar gefunden worden. So etwas ließe sich ohne Papiergeld vermeiden“, sagte Rogoff.
In Deutschland hat die Skatbank als erste Bank Negativzinsen offiziell eingeführt, allerdings zunächst nur auf größere Vermögen. Sparkassen und Volksbanken haben eine solche Maßnahme als allgemeine Politik ihrer Institute ausgeschlossen. Die Bundesbank hatte erklärt, es gäbe kein Recht auf Zinsen für Sparguthaben.
Rogoff hielt seine Vorlesung, weil er zum „Distinguished CES Fellow“ der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet wurde. Sein bekanntestes Werk ist “This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly”. Mehrere frühere „Distinguished CES Fellows“ haben später den Wirtschafts-Nobelpreis erhalten, so in diesem Jahr der Franzose Jean Tirole. CES ist ein eng mit dem ifo Institut verbundenes Institut der volkwirtschaftlichen Fakultät der Ludwigs-Maximilians Universität, das von Prof. Hans-Werner Sinn geleitet wird.