Finanzen

US-Ökonom: Zentralbanken sollen Bargeld abschaffen

Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff schlägt die vollständige Abschaffung von Bargeld vor. So könnten die Zentralbanken Negativ-Zinsen problemlos durchsetzen. Außerdem wären die Bürger dann gezwungen, jeden Cent den Finanzbehörden zu melden. Wegen der Schuldenkrise sind die Regierungen in aller Welt auf der Suche nach Refinanzierungs-Möglichkeiten.
19.11.2014 23:54
Lesezeit: 1 min

Der US-Ökonom Kenneth Rogoff von der Universität Harvard hat sich für die Abschaffung von Papiergeld ausgesprochen. „Die Zentralbanken könnten auf diese Weise leichter Negativzinsen durchsetzen, um so die Wirtschaft anzukurbeln“, sagte er am Dienstagabend bei einer Vorlesung in München. „Außerdem könnten Steuerflucht und Drogenkriminalität besser bekämpft werden“, fügte er hinzu. „Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zentralbank-Zinsen weiter zu senken. Seine Beseitigung wäre seine sehr einfache und elegante Lösung für dieses Problem.“ Die US-Notenbank habe erwogen, zum Höhepunkt der Finanzkrise zeitweise Negativzinsen von vier oder fünf Prozent einzuführen, um zu verhindern, dass die Menschen das zusätzliche Geld horten, das sie in Umlauf brachte.

Viel Geld werde für nicht deklarierte Geschäfte ausgegeben. Die US-Zentralbank habe etwa 4.000 Dollar Papiergeld pro US-Bürger ausgegeben und die EZB 4.000 Euro pro Bürger der Eurozone. Doch der Durchschnittsbürger habe weniger als 100 Dollar oder 100 Euro in seiner Brieftasche. Der Rest liege vermutlich in schwarzen Depots. „Zum Beispiel bei Drogenbaronen. Kürzlich sind bei einer Razzia in Mexiko 250 Millionen US-Dollar gefunden worden. So etwas ließe sich ohne Papiergeld vermeiden“, sagte Rogoff.

In Deutschland hat die Skatbank als erste Bank Negativzinsen offiziell eingeführt, allerdings zunächst nur auf größere Vermögen. Sparkassen und Volksbanken haben eine solche Maßnahme als allgemeine Politik ihrer Institute ausgeschlossen. Die Bundesbank hatte erklärt, es gäbe kein Recht auf Zinsen für Sparguthaben. 

Rogoff hielt seine Vorlesung, weil er zum „Distinguished CES Fellow“ der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet wurde. Sein bekanntestes Werk ist “This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly”. Mehrere frühere „Distinguished CES Fellows“ haben später den Wirtschafts-Nobelpreis erhalten, so in diesem Jahr der Franzose Jean Tirole. CES ist ein eng mit dem ifo Institut verbundenes Institut der volkwirtschaftlichen Fakultät der Ludwigs-Maximilians Universität, das von Prof. Hans-Werner Sinn geleitet wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...