Politik

Neue Kredite für Athen: EU bereitet drittes Bailout-Programm vor

Die EU plant ein neues Kredit-Programm für Griechenland. In Brüssel wird offenbar ein dritter Bailout vorbereitet. Die EU wird Griechenland nicht aus dem Euro entlassen. Auch im Fall eines Syriza-Wahlsieges wird Griechenland im Euro bleiben.
17.01.2015 01:48
Lesezeit: 2 min

Kurz vor den Neuwahlen in Griechenland plädiert die in Umfragen vorne liegende Syriza-Partei für einen Schuldenerlass. Aktuell liegt die Verschuldung bei 175 Prozent des BIP.

In der EU wird deshalb über ein drittes Bailout-Programm diskutiert. Das Wall Street Journal berichtet von einem Treffen von hochrangigen Beamten aus den Euro-Staaten mit der Troika aus IWF, EZB und EU am Donnerstagabend in Brüssel. Dort wurde die Möglichkeit eines dritten Bailout-Programms diskutiert - noch ohne konkrete politische Beschlussfassung, doch offenbar schon ziemlich konkret. Bei dem Treffen herrschte Einigkeit, dass die Verlängerung der Kreditlinien nicht ausreichen werde, um Griechenland vor dem Kollaps zu bewahren. Griechenland hatte zuvor gemeldet, sein Budget im Jahr 2014 mit etwa drei Milliarden Euro überzogen zu haben.

Entgegen dem politischen Trommelfeuer in einigen Medien herrscht in der EU Einigkeit, Griechenland weiter im Euro zu halten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schloss einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone nach der Parlamentswahl am Freitag kategorisch aus. „Griechenland wird die Euro-Zone nicht verlassen, wir werden Griechenland nicht aus der Euro-Zone werfen“, sagte Juncker am Freitag auf einer Konferenz in Paris. „Das steht außerfrage.“

Die Griechen wählen am 25. Januar ein neues Parlament. In Umfragen liegt die linke Oppositionspartei Syriza vorn. Sie will nach einem Wahlsieg das Land zwar in der Euro-Zone halten, die Kredite mit den internationalen Gläubigern aber neu verhandeln. Allerdings wird die Syriza in irgendeiner Form eine Koalition bilden müssen, weil keine Partei allein stark genug ist, eine Mehrheit im Parlament zu erringen. Daher ist auch eine Koalition der Konservativen mit Syriza nicht gänzlich ausgeschlossen. Es besteht in der EU Konsens darüber, dass Koalitionen mit linken Parteien möglich sind, während Koalitionen mit rechten Parteien in praktisch allen Ländern als nicht hoffähig gelten. Die Konservativen müssen sich mit großer Wahrscheinlichkeit einen neuen Partner suchen, nachdem der Langzeit-Minister Evangelos Venizelos seine PASOK in die Bedeutungslosigkeit geführt hat.

Die EU muss sich mit Griechenland arrangieren, weil die Bank-Runs begonnen haben und mittlerweile bereits drei systemrelevante Banken um Not-Kredite bei der EZB angesucht haben. 

Der wirtschaftspolitische Chef der Syriza, Yiannis Dragasakis, will daher für Griechenland eine europäische Schuldenkonferenz vor. Die Höhe der griechischen Schulden solle dabei reduziert werden. Eine Möglichkeit wäre, die Staatsverschuldung auf 60 Prozent des BIP zu setzen, so Dragasakis. Allerdings liegen die Schulden momentan bei rund 175 Prozent des BIP.

Eine Regierung mit der Beteiligung von Syriza müsse bis Juli einen Deal mit den Gläubigern erreichen, um ernsthafte Liquiditätsprobleme zu vermeiden, zitiert ihn Kathimerini.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt offiziell einen vom Syriza-Parteichef Alexis Tsipras geforderten Schuldenerlass für das hoch verschuldete Land ab. „Diese Frage stellt sich nicht“, sagte der CDU-Politiker dem Spiegel. Das Land habe große Fortschritte gemacht. Die Wirtschaft wachse schneller als in vielen anderen Euro-Staaten. „Griechenland hat mit seinen Schulden derzeit kein Problem“, sagte Schäuble dem Magazin.

Doch Merkel und Schäuble wollen der gescheiterten griechischen Regierung selbst einen kleinen Schuldenschnitt anbieten. So soll der konservativen Parteifreund und Noch-Premier Antonis Samaras mit einem Schuldenschnitt unterstützen, damit er dem Syriza-Chef Tsipras etwas entgegensetzen kann. Dies ist aus Banken- und Regierungskreisen zu erfahren. Auch eine entsprechende Analyse der FAZ deutet in diese Richtung.

Einen offiziellen Unterstützer hat die Syriza bereits in Irland gefunden. Der irische Finanzminister Michael Noonan hat seine breite Zustimmung zu einer Schuldenkonferenz nach den Wahlen in Griechenland versichert. Ganz uneigennützig wäre dies nicht. Schließlich könnten in solch einem Rahmen auch über neue Verfahrensweisen hinsichtlich der Schulden Irlands, Spaniens und Portugals diskutiert werden.

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