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Franken-Kredite: Schwere Verluste für deutsche Privatkunden und Kommunen

Lesezeit: 2 min
20.01.2015 01:14
Die Abkoppelung des Schweizer Franken vom Euro wird deutsche Privathaushalte und Kommunen Milliarden kosten. Einige Städte müssen sich auf Turbulenzen bei ihren Haushalten einstellen. Andere hoffen, dass die Währungs-Swaps eine ausreichende Absicherung bieten.
Franken-Kredite: Schwere Verluste für deutsche Privatkunden und Kommunen

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Die Abkopplung des Schweizer Franken vom Euro wird auch in den Kommunen und Städten zu spüren sein. Einige Städte und Kommunen haben Kredite aufgenommen, die in Schweizer Franken notiert sind. Der plötzliche Wertanstieg des Franken verteuert diese Kredite. Wie hoch genau die in Franken gezeichneten Fremdwährungskredite der deutschen Kommunen sind, ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht zu quantifizieren. Sowohl der Deutsche Städte- und Gemeindebund als auch die Deutsche Bundesbank konnten auf Anfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten keine genauen Zahlen vorlegen.

Die Bundesbank konnte allerdings angeben, wie hoch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Franken insgesamt ist. Demnach lagen diese November 2014 bei 1,779 Milliarden Euro. Hier ist jedoch nicht nur die Rede von Kommunen, sondern auch die Verschuldung des Bundes und der Bundesländer spielen hier hinein. „Insgesamt ist es in Deutschland nicht viel“, sagte eine Pressesprecherin der Bundesbank den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Auch bei den Unternehmern liege der Anteil der Frankenkredite nur bei etwa einem Prozent. Bei den Privatpersonen liegen die Verbindlichkeiten dieser Art hingegen bei  7,157 Milliarden Euro.

Zwar stuft die Bundesbank die Höhe der öffentlichen Franken-Kredite gering ein, aber die Abkopplung und Erstarkung des Franken kann für einige Regionen zu massiven Schwierigkeiten führen. Denn wie sich zeigt, sind die 1,779 Milliarden Euro Franken-Kredite nicht gleichmäßig auf die deutschen Kommunen und Bundesländer verteilt. Vielmehr haben einige Kommunen sehr hohe Franken-Kredite aufgenommen.

Die Stadt Essen etwa sitzt auf einem laufenden Franken-Kredit in Höhe von 450 Millionen Euro. „Essen hat sich für 290 Millionen € verschuldet – in Franken“, schreibt der Wirtschaftsjournalist Roland Tichy. „Weil jetzt die Schuld tatsächlich in Franken zurückbezahlt werden muss, sind durch diese und frühere Aufwertungen des Frankens und der spiegelbildlichen Abwertung des Euros daraus 450 Millionen geworden.“ Daran sehe man, wie „daneben die Stadtfinanztrottel von Essen liegen“.

Ein „listiger Odysseus der Finanzmärkte hätte anders gehandelt“, so Tichy. „Wäre gar nicht auf so etwas eingegangen oder hätte das gemacht, was jedes Unternehmen tut: Es hätte seine Franken-Schulden ‚gehedged‘; also gewissermaßen gegen die eigene Spekulation gegenspekuliert“, schreibt Tichy. Bochum habe auf ähnliche Weise seine Verschuldung um 80 Millionen erhöht, ähnlich wie Dorsten und andere Städte. Die Stadt Lichtenfeld in Bayern verliert ca. 220.000 Euro. Gemessen an der vergleichsweise niedrigen Einwohnerzahl von etwa 20.000 ist dies eine immens hohe Pro-Kopf-Verschuldung.

NRW ist auf kommunaler Ebene stark in das Geschäft mit Fremdwährungskrediten verwickelt. Der Kleinen Anfrage des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion André Kuper zufolge haben 29 Kommunen in Nordrhein-Westfalen Kredite in Fremdwährungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro aufgenommen. Davon bestehen etwa 900 Millionen Euro aus Schweizer Franken.

Auf Landesebene sind Franken-Kredite scheinbar auch nicht überall so beliebt gewesen. So gaben zum Beispiel die Finanzministerien von Niedersachsen, Hamburg, dem Saarland, Sachsens sowie Mecklenburg-Vorpommerns  gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten an, auf Landesebene keinerlei Kredite in Fremdwährungen aufgenommen zu haben. Baden-Württemberg als Bundesland hat „ Fremdwährungskredite in Höhe von insgesamt 177.244.943,00 Euro“, sagte Martina Schäfer vom zuständigen Finanzministerium den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. „Fremdwährungskredite in Franken sind keine vereinbart.“

Aus Berlin heißt es:

„Das Land Berlin ist von der aktuellen Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro nicht betroffen. Wie im Haushaltsgesetz festgeschrieben, werden im Land Berlin Fremdwährungsanleihen grundsätzlich über Euro-SWAPs gegen Währungsschwankungen gesichert. Das Land Berlin hat in einem Umfang von 250 Millionen Schweizer Franken Wertpapiere emittiert. Es handelt sich dabei um eine Anleihe in Höhe von 200 Millionen CHF und eine weitere in Höhe von 50 Millionen CHF. Daneben hat das Land Berlin ein Wertpapier über 15.800 Millionen Japanische Yen begeben.“


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