Politik

Frankreich: Hollande will Parlament für Wirtschafts-Gesetze aushebeln

Die französische Regierung will das Parlament bei der Abstimmung über Wirtschafts-Reformen umgehen. Oppositionspolitiker haben nun 24 Stunden Zeit, um ein Misstrauensvotum gegen die Regierung zu organisieren. Die Idee, per Dekret statt per Abstimmung zu regieren, dürfte vor allem dem Front National nützen.
18.02.2015 01:13
Lesezeit: 1 min

Die französische Regierung will grundlegende Wirtschaftsreformen per Dekret erlassen und damit eine Parlamentsabstimmung vermeiden. Premier Manuel Valls kündigte den Erlass am Dienstag in Paris an. Offenkundig will er so verhindern, dass Abweichler in den eigenen Reihen die Reformen verhindern. Einige Abgeordnete haben angekündigt, gegen die eigene Regierung stimmen zu wollen.

Für die Regierung wäre es ein schwerer Rückschlag, sollte der Gesetzentwurf scheitern. Er sieht unter anderem flexiblere Regelungen bei der Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Privatisierungen und Liberalisierungen etwa im Reisebusverkehr vor. Die linke Regierung will so notwendige Wachstumsimpulse setzen.

Die von Nicolas Sarkozy geleitete konservative Oppositionspartei UMP bereitete daraufhin ein Misstrauensvotum vor. Das dürfte Valls allerdings noch nicht direkt gefährden. «Es gibt keine Mehrheit und keine Regierung mehr», meinte aber Sarkozy. Tatsächlich wird das Vorgehen die Position des Front National stärken. Dessen Chefin Marine Le Pen liegt bei Umfragen unverändert gut - und vor allem deutlich vor einem möglichen Gegenkandidaten Francois Hollande.

Nach Frankreichs Verfassung kann eine Regierung ankündigen, einen Gesetzesentwurf ohne Votum im Parlament für angenommen zu erklären, sofern nicht innerhalb von 24 Stunden ein Misstrauensvotum beantragt wird (Artikel 49,3). Wird ihr das Misstrauen ausgesprochen, muss sie abtreten. Über den Entwurf hätte am Dienstag abgestimmt werden müssen.

Pariser Regierungschefs haben diesen Verfassungshebel bisher eher selten genutzt. Der Regierung droht dabei wenig Gefahr. Denn auch die Abgeordneten ihrer Mehrheit, die einen Gesetzesentwurf ablehnen, dürften kaum für einen Misstrauensantrag stimmen. Das jetzt von Valls eingeschlagene Verfahren macht jedoch auch deutlich, dass er es als schwierig ansah, ein wichtiges Gesetz im Parlament durchzubringen.

Benannt ist das Gesetz (Loi Macron) nach Emmanuel Macron, dem französischen Wirtschaftsminister. Es gab dafür mehr als 2800 Änderungsanträge. Zwar wird die 35-Stunden-Woche nicht angetastet, doch mit dutzenden Einzelmaßnahmen werden Branchen liberalisiert, deren Privilegien noch aus der Revolutionszeit stammen.

„Nichts wird uns zurückhalten. Es ist das Interesse Frankreichs, was uns befiehlt dies zu tun“, sagte Manuel Valls während der Sitzung, meldet Le Figaro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Ukraine-Krieg: Gescheiterte Verhandlungen 2022 - Lawrow über Waffenruhe „Wir wollen das nicht mehr“
22.05.2025

Russlands Außenminister Sergej Lawrow erteilt einer langfristigen Waffenruhe eine Absage. Nach Angaben des russischen Außenministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardär Arnault warnt: EU treibt Industrie in den Abgrund
22.05.2025

Bernard Arnault, der reichste Mann Europas, schlägt Alarm: Die EU spiele mit dem Feuer, während Zölle explodieren und ganze Branchen...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: Polen interveniert - ein verdächtiges Manöver?
22.05.2025

Ein russisches Schiff der „Schattenflotte“ hat verdächtige Manöver in der Nähe des Verbindungskabels zwischen Polen und Schweden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI statt Ruhestand: Google-Mitgründer Brin kehrt zurück – jetzt wird’s ernst
22.05.2025

Sergey Brin ist zurück – getrieben von der KI-Revolution. Google greift mit neuer Macht an, doch die Fehler der Vergangenheit sitzen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüssel bremst Billig-Boom: EU erklärt Temu und Shein den Zoll-Krieg
22.05.2025

Die EU greift zur Zollkeule: Mit einer neuen Pauschalabgabe sollen Temu und Shein ausgebremst werden – doch am Ende zahlen Europas...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...