Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hinter die Entscheidung der EU-Kommission gestellt, Frankreich mehr Zeit für die Sanierung des Staatshaushalts zu geben. "Ich glaube, aus meinen bilateralen Beziehungen mit Frankreich zu sehen, dass es da einen sehr intensiven Reformprozess gibt", sagte Merkel am Mittwoch in Brüssel nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Reformen seien Voraussetzung dafür, die Kommissions-Auflagen zu erfüllen. "Wir möchten gerne von deutscher Seite ... Frankreich in diesen Reformbemühungen auch unterstützen. Das tun wir, in dem wir uns...nicht in bestimmte Maßnahmen einmischen", sagte Merkel. Jedes Land müsse selbst entscheiden, welche Reformen nötig seien. Es gebe aber das gemeinsame Bewusstsein, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähiger werden müsse. "Ich glaube, Frankreich ist da auf einem guten Weg", betonte die Kanzlerin.
Die EU-Kommission hatte Frankreich Anfang der Woche zum dritten Mal mehr Zeit gegeben, das Haushaltsdefizit auf die im europäischen Stabilitätspakt erlaubten drei Prozent zu drücken - diesmal bis 2017. Dies war von etlichen Unions-Politikern scharf kritisiert worden. Merkel hatte Frankreichs Präsident Francois Hollande aber bereits bei einem Treffen in Paris das Vertrauen für dessen "Reformpolitik" ausgesprochen.
Tatsächliche "Reformen" von Hollande sind allerdings nicht bekannt: Zuletzt hatte seine Regierung versucht, neue Maßnahmen für den Arbeitsmarkt am Parlament vorbei durchzudrücken, weil die Regierung fürchtet, in den eigenen Reihen keine Mehrheit zustandezubringen.
Die größte Gefahr droht der auf EU-Ebene regierenden Koalition aus Sozialdemkokraten und Konservativen von einem fundamentalen Machtwechsel in Frankreich: Dort führt Marine Le Pen die Umfragen für die kommenden Präsidentschaftswahl an und baut ihren Vorsprung weiter aus. Mit Syriza in Griechenland und Podemos in Spanien gibt es bereits zwei Länder, in denen die Sozialdemokraten von neuen linken Parteien marginalisiert werden. Wie diese linken Parteien lehnt auch der Front National die EU in ihrer derzeitigen Form ab. Merkel ist klar: Wenn Frankreich wegbricht, werden die Euro-Karten neu gemischt. Vor diesem Hintergrund scheint ihr die Preisgabe der Stabilitätsgesetze das kleinere Übel.