Politik

Angst vor Le Pen: Merkel akzeptiert Defizit-Verstoß von Frankreich

Bundeskanzlerin Angela Merkel kämpft für das Überleben einer Großen Koalition in der EU: Aus Sorge vor einem Sieg von Marine Le Pen hat sich die Kanzlerin nun mit einem neuerliche Defizit-Verstoß Frankreichs abgefunden. Sozialdemokraten und Konservative wollen die EU weiter in einer Koalition führen, um einen fundamentalen Konflikt in der EU aus dem Weg zu gehen.
05.03.2015 01:05
Lesezeit: 1 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hinter die Entscheidung der EU-Kommission gestellt, Frankreich mehr Zeit für die Sanierung des Staatshaushalts zu geben. "Ich glaube, aus meinen bilateralen Beziehungen mit Frankreich zu sehen, dass es da einen sehr intensiven Reformprozess gibt", sagte Merkel am Mittwoch in Brüssel nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Reformen seien Voraussetzung dafür, die Kommissions-Auflagen zu erfüllen. "Wir möchten gerne von deutscher Seite ... Frankreich in diesen Reformbemühungen auch unterstützen. Das tun wir, in dem wir uns...nicht in bestimmte Maßnahmen einmischen", sagte Merkel. Jedes Land müsse selbst entscheiden, welche Reformen nötig seien. Es gebe aber das gemeinsame Bewusstsein, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähiger werden müsse. "Ich glaube, Frankreich ist da auf einem guten Weg", betonte die Kanzlerin.

Die EU-Kommission hatte Frankreich Anfang der Woche zum dritten Mal mehr Zeit gegeben, das Haushaltsdefizit auf die im europäischen Stabilitätspakt erlaubten drei Prozent zu drücken - diesmal bis 2017. Dies war von etlichen Unions-Politikern scharf kritisiert worden. Merkel hatte Frankreichs Präsident Francois Hollande aber bereits bei einem Treffen in Paris das Vertrauen für dessen "Reformpolitik" ausgesprochen.

Tatsächliche "Reformen" von Hollande sind allerdings nicht bekannt: Zuletzt hatte seine Regierung versucht, neue Maßnahmen für den Arbeitsmarkt am Parlament vorbei durchzudrücken, weil die Regierung fürchtet, in den eigenen Reihen keine Mehrheit zustandezubringen.

Die größte Gefahr droht der auf EU-Ebene regierenden Koalition aus Sozialdemkokraten und Konservativen von einem fundamentalen Machtwechsel in Frankreich: Dort führt Marine Le Pen die Umfragen für die kommenden Präsidentschaftswahl an und baut ihren Vorsprung weiter aus. Mit Syriza in Griechenland und Podemos in Spanien gibt es bereits zwei Länder, in denen die Sozialdemokraten von neuen linken Parteien marginalisiert werden. Wie diese linken Parteien lehnt auch der Front National die EU in ihrer derzeitigen Form ab. Merkel ist klar: Wenn Frankreich wegbricht, werden die Euro-Karten neu gemischt. Vor diesem Hintergrund scheint ihr die Preisgabe der Stabilitätsgesetze das kleinere Übel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturplan: Eine Chance für europäische Bauunternehmen?
09.07.2025

Deutschland plant das größte Infrastrukturprogramm seiner Geschichte. Doch es fehlen Bauarbeiter. Können andere europäische Firmen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs stabil trotzt Milliardenbewegung: Anleger bleiben dennoch vorsichtig
08.07.2025

80.000 Bitcoin aus der Satoshi-Ära wurden bewegt – doch der Bitcoin-Kurs blieb stabil. Was hinter dem Rätsel steckt, warum Investoren...

DWN
Politik
Politik Steinmeier drängt auf mehr gemeinsame Rüstungsprojekte in Europa
08.07.2025

Bei seinem Besuch in Lettland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für mehr Zusammenarbeit in der europäischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwäche in China bremst Porsche: Absatz geht im ersten Halbjahr zurück
08.07.2025

Porsche muss im ersten Halbjahr 2025 einen spürbaren Rückgang beim Fahrzeugabsatz hinnehmen. Besonders in China läuft das Geschäft...

DWN
Politik
Politik Trump verspricht Raketen für die Ukraine – doch zu welchem Preis?
08.07.2025

Donald Trump kündigt neue Waffenlieferungen an die Ukraine an – obwohl er sich lange zurückhielt. Ein Signal der Stärke oder Teil...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie auf Höhenflug: Wie realistisch ist das 250-Dollar-Ziel?
08.07.2025

Die Nvidia-Aktie eilt von Rekord zu Rekord – doch Analysten sehen noch Luft nach oben. Wie realistisch ist das Kursziel von 250 Dollar?...

DWN
Politik
Politik NATO-Chef erwartet Doppelangriff: China greift Taiwan an, Russland die NATO
08.07.2025

Ein gleichzeitiger Angriff Chinas auf Taiwan und Russlands auf die NATO – ausgerechnet NATO-Chef Mark Rutte hält dieses...