Finanzen

Griechenland beginnt mit Staatsfinanzierung über die Notenpresse

Griechenland hält sich erneut mit T-Bills über Wasser. Sie wurden hauptsächlich von der Zentralbank, den griechischen Banken sowie Sozialversicherungen wie Renten- und Gesundheitsfonds erworben. Über die Target-Kredite haben sich griechische Banken zudem mit etwa 100 Milliarden Euro versorgt. Die ELA-Kredite für das Land erreichen neuerdings ein Volumen von 68,3 Milliarden Euro.
08.03.2015 01:16
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Sogenannte T-Bills, also kurzlaufende Finanztitel mit drei- bis sechsmonatiger Laufzeit, sind in der vergangenen Woche für Griechenlands Staatskasse zum letzten Rettungsanker geworden. Es wurden T-Bills von insgesamt 1,138 Milliarden Euro emittiert. Damit ist die Obergrenze von 15 Milliarden Euro, die die Troika zur Ausgabe von T-Bills erlaubt hatte, erreicht.

Die Zinsen betragen 2,97 Prozent, gegenüber 2,75 Prozent bei der letzten Auktion im Februar, wie Reuters berichtet. Allerdings hatten keine ausländischen Investoren beim Kauf der neu ausgegebenen T-Bills zugegriffen. Deshalb sprangen griechische Banken, Sozialfonds und die griechische Zentralbank ein. Da die heimischen Banken wegen des Risikos nicht noch zusätzlich kaufen dürfen, hatte sich die griechische Zentralbank direkt am Erwerb der Schuldtitel beteiligt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass damit auch die Notenbank mit einer Überweisung an die Staatskasse zum Stopfen der Haushaltslücken beisteuerte.

Im Grunde darf sich die Zentralbank nur dann am Erwerb von – auch kurzlaufenden – Staatsanleihen beteiligen, wenn sich auch private Anleger daran beteiligen. Dies war jedoch nicht der Fall. Somit stellt sich die Frage, ob es sich bei der Beteiligung der griechischen Notenbank um eine verbotene, monetäre Staatsfinanzierung handelte. Dieser Trick wurde jedoch weder von Seiten der Troika noch der EZB kritisiert.

Zuletzt hatte Mario Draghi bei der Pressekonferenz in Nikosia verlautbart, dass der ELA-Kreditrahmen für Griechenland um 500 Millionen Euro auf nun insgesamt 68,3 Milliarden Euro erweitert wurde. Griechische Banken können sich auch mit „Sicherheiten“ niedriger Qualität bei der EZB Notkredite beschaffen, da Griechenland noch immer „Programmland“ ist, nachdem die ESFS-Kredite bis Ende April verlängert wurden.

Draghi hatte bei der Pressekonferenz betont, dass ELA-Kredite nur an solvente Banken vergeben werden. Die griechischen Banken seien im Augenblick jedoch solvent.

Unausgesprochen blieb, dass die EZB den griechischen Banken etwa 100 Milliarden Euro „geliehen“ habe – wodurch sie „faktisch solvent“ sind. Draghi wehrte sich denn auch auf Nachfragen griechischer Journalisten dagegen, dass die EZB Griechenland nicht unterstützen würde. Er sprach davon, dass dies 68 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts entspräche. Es sei der höchste Wert in der gesamten Eurozone und in den letzten beiden Monaten verdoppelt worden.

Im Sommer 2012, als die Griechenland-Krise zuletzt hochkochte, betrugen die griechischen Target-Schulden ebenfalls etwa 100 Milliarden Euro. Was damals wie heute auf den Kapitalabfluss aus Griechenland zurückzuführen ist. Viele griechische Bürger, aber auch Unternehmen, heben ihre Bankguthaben ab. Entsprechende Beträge fließen auf ausländische Konten in der Eurozone. Wie in der letzten Woche bekannt wurde nahmen allein im Januar die Target-Schulden Griechenlands um 27 Milliarden Euro zu.

Target-Kredite sind insofern riskant als im Fall eines „Grexit“ die „Fluchtgelder“ in anderen Euro-Banken verbleiben, während die Eurostaaten, mithin die jeweiligen Notenbanken, ihre Forderungen gegenüber der griechischen Zentralbank versuchen müssten, wieder einzutreiben. Denn im Target-System werden Zahlungen zwischen den Zentralbanken abgewickelt. Die Forderungen der einzelnen Notenbanken gegenüber der griechischen Zentralbank steigen, wenn griechische Bankkunden enorme Summen Geld auf Konten in der Eurozone überweisen.

Hans-Werner Sinn fordert deshalb bereits seit langem, Griechenland müsse Kapitalverkehrskontrollen einführen – bislang vergeblich. Sollte es nämlich zu einem „Grexit“ kommen, müsste auch die deutsche Bundesbank für entsprechende, für lange Zeit ausstehende Verbindlichkeiten gegenüber Griechenland einspringen. Nach Berechnungen seines Instituts würde im Fall eines „Grexit“ und mithin der Pleite der griechischen Banken der deutsche Staat bis weit über 80 Milliarden Euro verlieren.

Mario Draghi kündigte in Nikosia ebenfalls an, dass die EZB erst dann griechische Schulden im Rahmen des QE-Programms ankaufen werde, sobald die seinerzeit über das SMP-Programm gekauften Staatsanleihen von Griechenland zurückbezahlt werden. Dies sind im Juli Anleihen von 3,5 Milliarden und im August 3,2 Milliarden Euro.

Am Freitag hatte Griechenland eine erste Tranche von 310 Millionen Euro an den IWF überwiesen. Ein weiterer Teilbetrag von 1,5 Milliarden Euro an den IWF steht in zwei Wochen zur Rückzahlung an. Um den IWF-Kredit zu bedienen plünderte die griechische Regierung die Renten-Kasse und Sozialfonds.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.