Gemischtes

Blase wegen Null-Zinsen: Immobilien-Käufer stürzen sich auf Berlin

Die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken treibt die Investoren in den europäischen Immobilienmarkt. Die Preise haben deutlich angezogen, die Rede ist schon von einer Überbewertung der Immobilien. Vor allem Investoren aus den USA und Asien kaufen sich in den Markt ein. Dabei sind nicht nur die großen deutschen Städte für die Investoren interessant. Auch mittelgroße Städte rücken in den Fokus.
11.04.2015 01:17
Lesezeit: 2 min

Auf dem europäischen Immobilienmarkt ist Berlin derzeit bei ausländischen Investoren beliebter als London oder München. Das zeigt eine aktuelle Studie des Urban Land Instituts und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Demnach gilt Berlin derzeit als „Europas Immobilienmarkt mit den besten Investitionschancen“. Hamburg schaffte es nach Dublin und Madrid auf Rang vier. München (Rang 11) und Frankfurt (Rang 16) sind noch unter den Top 20. Und während London nur noch Platz 10 belegt, kletterte Athen auf Platz 5.

„Berlin hat exzellente Grundlagen und ein extrem niedriges Preislevel“, sagte einer der Investoren. Immobiliendeals in Höhe von 2,9 Milliarden Euro wurden hier allein in den ersten drei Quartalen 2014 abgeschlossen. Berlin habe jahrelang nicht im Fokus der ausländischen Investoren gestanden, so einige Investoren. Das führt dazu, dass der nächste Abschwung Berlin nicht treffen werde. Ähnlich wie Berlin hat auch Hamburg das Interesse der ausländischen Investoren auf sich gezogen. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres wurden Immobiliendeals im Umfang von 2,4 Milliarden Euro abgewickelt. Die Hälfte davon betraf ausländische Investoren.

München ist innerhalb eines Jahres von Platz 10 der Top-Immobilienplätze Europas auf Platz 11 abgerutscht. Die „irrational hohen Preise“ spielen dabei eine große Rolle. Frankfurt wird auch weiterhin als lohnendes Investment gesehen. „In Frankfurt herrscht eine großartige Dynamik und die Stadt bietet gute Investment-Möglichkeiten“, wird ein Investor in der Studie zitiert. Dennoch war das Interesse an anderen europäischen Städten zuletzt größer: Noch im letzten Jahr zählte Frankfurt zu den Top 10 der beliebtesten Investmentmärkte im Immobilienmarkt.

„Der deutsche Immobilienmarkt zieht weiter das enorme Interesse von institutionellen Investoren auf sich“ so die Studie. Angesichts der zunehmenden Preissensibilität und der Konkurrenz werden auch die B-Städte Deutschlands bald mehr im Fokus stehen. „Auch in 2015 wird unverändert viel weltweites Kapital in Europas Immobilienmarkt fließen“, sagt Jochen Brücken von PwC. „Das wird die Preise treiben und das Angebot weiter verknappen.“

Mitverantwortlich für die Entwicklung ist unter anderem die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken. Die Investoren suchen verstärkt nach Investitionsmöglichkeiten, die eine gewisse Sicherheit bieten und gleichzeitig noch eine Rendite abwerfen. „Städte wie Berlin oder Madrid profitieren dabei in erster Linie vom Anlagedruck der Investoren“, heißt es in der Studie.

Mit Blick auf ihre Profite bewerten die Investoren die einzelnen europäischen Länder sehr unterschiedlich. Vor allem Frankreich gerät ins Abseits. Nur 38 Prozent der Investoren erwarten, dass sie 2015 ihre Profite in Frankreich vergrößern können. Ein Jahr zuvor waren es noch fast 50 Prozent. Für Deutschland rechnen 48 Prozent mit gleich bleibenden Profiten. 43 gehen von einer Steigerung in diesem Jahr aus. Für Irlands Markt hingegen gehen 78 Prozent von einer Steigerung ihrer Profite aus. 69 Prozent der Investoren erwarten das auch in den Peripheriestaaten Europas.

Vor allem Staatsfonds und Pensionsfonds aus Asien und Nordamerika werden weiterhin eine große Rolle am europäischen Immobilienmarkt spielen. 56 Prozent der befragten Investoren rechnen mit einem Anstieg amerikanischen Kapitals nach Europa. Dass noch mehr Geld aus Asien fließen wird, erwarten sogar 68 Prozent. Allerdings halten zwei Drittel der Investoren die Top-Immobilien in Europa für überbewertet, so die Studie.

Nicht nur die Rangfolge der Standorte hat sich unter den Investoren in den vergangenen Monaten geändert, sondern auch die Art der Immobilie. Waren zunächst vor allem kommerzielle Immobilien gefragt, geht nun der Trend in Richtung Wohnimmobilie:

„Rund zwei Drittel der befragten Investoren hat bereits in Wohnimmobilien investiert, darunter auch solche, die zuvor nur in Büroimmobilien investiert hatten. Von jenen, die bislang nicht in Wohnimmobilien investieren, erwägen 15 Prozent künftig Investitionen in diesen Bereich.“

Auch das wirkt sich auf die steigenden Investitionen in deutsche Immobilien aus. Deutschland ist Europas größter Investmentmarkt für Wohnimmobilien. Im Wohnungsbau herrschte in Deutschland zu Beginn des vergangenen Jahres ein regelrechter Boom. In den Großstädten sind die Baugenehmigungszahlen 2014 um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurde in Deutschland der Bau von etwa 285.00 Wohnungen genehmigt, 5,4 Prozent mehr als im Jahr 2013, so das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Wie sich die Anfang März beschlossene Mietpreisbremse auf die Investitionen in diesem Bereich auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...