In der Nähe der Ruine des ukrainischen Atomreaktors Tschernobyl wütet seit Dienstag ein schwerer Waldbrand, der auf den Reaktor übergreifen könnte. „Einen derartigen Brand haben wir seit 1992 nicht erlebt. Der Brandherd ist etwa 20 Kilometer vom Reaktor und fünf Kilometer von verscharrtem Atommüll entfernt“, zitiert Bloomberg Innenminister Arsen Awakow. Insgesamt sei eine Fläche von etwa 400 Hektar Wald von den Flammen erfasst worden. Mehr als 200 Helfer waren im Kampf gegen das Feuer im Einsatz. Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk sagt, dass es keinen Grund zur Panik geben würde. Es sei alles unter Kontrolle. Doch offenbar unterschätzt die Regierung die kontinuierliche Gefahr für den Atomreaktor durch immer wiederkehrende Waldbrände.
17 Ökologen hatten im Februar eine Studie mit dem Titel „Fire evolution in the radioactive forests of Ukraine and Belarus: future risks for the population and the environment“ veröffentlicht. Dort gehen sie auf die Gefahren ein, die durch die Waldbrände in der Ukraine, aber auch aus in Weißrussland entstehen.
„Die Wälder in Osteuropa sind durch große, stark brandgefährdete Flächen gekennzeichnet. Seit 1986 hat es eine positive Korrelation zwischen extremen Brandereignissen und Trockenheit in den beiden kontaminierten Regionen gegeben“, so die Ökologen. Aufgrund des Klimawandels werden sich die brandanfälligen Flächen in der Nähe von Tschernobyl vergrößern, was zu einer weiteren Kontamination führen werde. „Intensive Brände in den Jahren 2002, 2008 und 2010 haben zur Freisetzung von Cäsium-137 in Richtung Süden geführt. Die kumulative Menge des über Europa freigesetzten Cäsiums-137, entsprach acht Prozent des abgeschiedenen Cäsiums-137 kurz nach der Tschernobyl-Katastrophe“, berichten die Wissenschaftler.
In Tschernobyl war im April 1986 ein Reaktor explodiert und hatte zur größten Atomkatastrophe in der Geschichte der Atomenergie geführt. Der Reaktor ist von einem zunehmend brüchigen Beton-Sarkophag umgeben, der bis 2016 durch einen neuen Sarkophag ersetzt werden soll.
Die EU und weitere 41 Länder haben bisher etwa 1,5 Milliarden Euro aus Steuergeldern in den Sarkophag-Bau des Kernkraftwerks Tschernobyl beigesteuert. Zu Beginn des Projekts im Jahr 2007 beliefen sich die geschätzten Kosten auf 622 Millionen Euro und hatten sich anschließend auf 1,54 Milliarden Euro erhöht. Den Bauauftrag erhielt das französische Konsortium Novarka.