Bei der Parlamentswahl in der Türkei hat die islamisch-konservative Partei AKP am Sonntag erstmals seit mehr als zwölf Jahren den Verlust der absoluten Mehrheit verbuchen müssen. Nach Auszählung von 95,00 Prozent aller Stimmen führt die AKP mit 41,51 Prozent. Darauf folgen die CHP mit 25,26 Prozent, die MHP mit 16,72 Prozent und die HDP mit 11,96 Prozent. Die pro-kurdische HDP kommt damit erstmals knapp über die Zehn-Prozent-Hürde. Damit dürfte sie die Pläne der AKP vereiteln, alleine ein Präsidialsystem mit Erdoğan an der Spitze einzuführen.
Das Ergebnis ist eine Niederlage für Erdoğan, der die Opposition im Wahlkampf scharf angegriffen hatte, obwohl der Präsident nach der Verfassung zur Neutralität verpflichtet ist. Die HDP war mit dem Ziel in den Wahlkampf gezogen, Erdoğans Präsidialsystem zu verhindern, und hatte vor einer «Diktatur» gewarnt.
Nach den Teilergebnissen verfehlte die AKP mit 259 Sitzen die absolute Mehrheit im Parlament, die bei 276 Sitzen liegt. Als Ziel hatte die von Erdoğan mitgegründete Partei 330 Sitze angegeben. Das ist die erforderliche Mehrheit, um ein Referendum über eine Verfassungsreform zur Einführung eines Präsidialsystems abzuhalten. Die Wahlbeteiligung lag bei 85,3 Prozent.