Politik

G7: Polizeibeamte hatten Angst, über die Kosten des Gipfels zu sprechen

Der Bund der Steuerzahler Bayerns berichtet, dass bei der Recherche über die hohen Kosten des G7-Gipfels „führende Polizeibeamte Angst hatten, mit dem Bund der Steuerzahler zu sprechen“. Es bestand offenkundig „die Angst vor Überwachung, Abhörung und Bespitzelung“. Der Bund der Steuerzahler nennt solche Zustände „unannehmbar“.
11.06.2015 17:37
Lesezeit: 2 min

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was hat der G7-Gipfel dem deutschen Steuerzahler gebracht?

Rolf von Hohenhau: Es gab keine Beschlüsse, die dem Steuerzahler in Sachen Finanzen nützlich werden könnten; so bleiben leider nur die Kosten.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Der Bund der Steuerzahler hat die Kosten für den Gipfel in Elmau untersucht. Zu welchem Ergebnis kommen Sie?

Rolf von Hohenhau: Wir haben ein dreiviertel Jahr recherchiert und sind auf Gesamtkosten von 359 Millionen gekommen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wäre es möglich, den Gipfel auch anderswo durchführen zu lassen?

Rolf von Hohenhau: Wie uns Sicherheitsexperten mitteilten, gibt es sicherheitstechnisch gesehen kaum einen schlechteren Ort als Elmau. Der Gipfel könnte problemlos in München oder in Berlin für einen Bruchteil des Aufwands durchgeführt werden.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was würde ein alternativer Ort kosten?

Rolf von Hohenhau: Wenn man bedenkt, dass die Sicherheitskonferenz in München mit hochrangigster internationaler Besetzung und ähnlichem Gefährdungspotential nur einen Bruchteil kostet könnte man die Kosten weitaus geringer halten. Man sollte für ein zweitägiges Treffen von 7 Staatschefs nie mehr als 10 Millionen ausgeben um die Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wer kontrolliert diese Kosten eigentlich?

Rolf von Hohenhau: Selbstverständlich unterliegen diese Kosten zuerst der parlamentarischen Kontrolle; dann sind sie in Bayern im wesentlichen dem Innenministerium zugeordnet und damit auch der Prüfung durch den Rechnungshof zugeordnet.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Aus welchem Etat kommen die?

Rolf von Hohenhau: Den Hauptanteil trägt das Bayerische Innenministerium, dort sind die Kosten auch im Haushalt vorgesehen (wenn auch nur zu einem weitaus geringeren Teil).

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Daten?

Rolf von Hohenhau: Bei der Recherche waren wir überrascht wie führende Polizeibeamte Angst hatten mit dem Bund der Steuerzahler zu sprechen. Die Kosten sollten transparent und öffentlich sein. Jeder Bürger hat ein Recht zu wissen, was und warum so viel Geld ausgegeben wird. Doch es besteht die Angst vor Überwachung, Abhörung und Bespitzelung. Das ist unannehmbar.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was bringt der Gipfel der Region?

Rolf von Hohenhau: Nach Auskunft vieler Geschäftsleute entstehen massive Umsatzeinbrüche. Den angeblichen Imagevorteil für die Region Garmisch sehen wir nicht. Der Gipfel bringt der Region Nachteile.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche Vorteile hat der Schlossherr?

Rolf von Hohenhau: Dass ein Unternehmer die Chance nutzt, die sich ihm überraschend bietet, ist legitim. Die Aufgabe des Bundes der Steuerzahler ist es Steuerverschwendung anzuprangern, das tun wir. Wirtschaftliche Chancen und Risiken beurteilen wir nicht.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Es gibt ja zwei Ebenen: Die Sicherheitsebene und die die Repräsentationsebene. Wie teilen sich die Kosten auf?

Rolf von Hohenhau: Wir sehen hier keine Aufteilung auf zwei Ebenen. Es gibt Gesamtkosten, die der Steuerzahler zahlt und das ist Fakt.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hatten Sie im Zug Ihrer Recherchen an irgendeiner Stelle den Eindruck, dass sich Verantwortliche unwohl fühlen – bei diesen Megakosten?

Rolf von Hohenhau: Viele Bayerische Spitzenbeamte und Spitzenpolitiker bis hin zum Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft kritisieren den Aufwand und die Unverhältnismäßigkeit der Gipfelkosten.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Kann es sein, dass die Regierenden den Bezug zur Realität verloren haben? Der gesunde Menschenverstand sagt uns doch, dass 360 Millionen Euro wahnwitzig sind und im Grunde mit nichts zu rechtfertigen…

Rolf von Hohenhau: So ist es.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Ist so ein theatralischer Gipfel nicht irgendwie das logische Pendant zum ESM: Auf der einen Seite werden den Steuerzahlern die Mitwirkungsrechte entzogen, dafür bekommt er ein Spektakel, eine Art politische „Hochamt“?

Rolf von Hohenhau: Vergleiche hinken oft. Ich würde es gerne auf das Wesentliche zurückführen: 2 Tage Tagung für 7 Personen über Themen, die in diversen Ministerrunden schon besprochen wurden, sind keine 359 Millionen Euro wert.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sind solche Inszenierungen der Ersatz für parlamentarische Debatten – bei denen ja nichts mehr entscheiden werden kann, wie man beim ESM gesehen hat?

Rolf von Hohenhau: Die Mächtigen der Welt, die so stolz auf ihre demokratische Legitimation sind, müssen wieder lernen ihre Völker in Entscheidungsprozesse einzubinden. Das gilt für den ESM genauso wie für den G7 Gipfel. Der Eindruck: „Ihr da oben, wir da unten“ ist fatal und wird die Politikverdrossenheit verstärken.

Rolf von Hohenhau ist Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern e.V.

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