Politik

US-Gericht: Willkürliche Verhaftungen von Muslimen nach 9/11 waren illegal

Nach einem Urteil eines US-Berufungsgerichts waren die Festnahmen von Muslimen nach den Anschlägen vom 11. September verfassungswidrig. Die Opfer sollen während ihrer unrechtmäßigen Haftzeit misshandelt worden sein. Sie waren alle unschuldig.
19.06.2015 01:07
Lesezeit: 2 min

Ein US-Berufungsgericht hat am Mittwoch geurteilt, dass die Festnahmen von unschuldigen Muslimen nach den Anschlägen vom 11. September illegal und verfassungswidrig gewesen sind. Die Betroffenen sollen während der unrechtmäßigen Haftzeit der Misshandlung durch Wärter und Beamte unterworfen gewesen sein.

„Gegen das Leid, welches den Inhaftierten im Zuge der Hysterie nach 9/11 widerfahren ist, gibt es kein Heilmittel“, zitiert der Guardian das Gericht.

Führende Rollen bei der Beschneidung der Bürgerrechte von US-Bürgern muslimischen Glaubens sollen der ehemalige Justizminister John Ashcroft und der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller gespielt haben. Zuvor hatte ein Regionalgericht Ashcroft und Mueller für entlastet. Das US-Berufungsgericht hingegen meldet, dass Ashcroft und Mueller zwar nicht direkt an den illegalen Festnahmen und Missbräuchen von unschuldigen Menschen beteiligt gewesen sind. Trotzdem hätten beide den Rahmen dafür geschaffen, um derartige Vorfälle zu begünstigen. Unklar bleibt, ob Mueller und Ashcroft tatsächlich von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden.

Das Project SALAM unterstützt rechtlich und anwaltlich US-Muslime, die zu unrecht wegen Terrorverdachts angeklagt sind oder bereits verurteilt wurden. Gemeinsam mit dem Nationalen Kongress zum Schutz der Grundfreiheiten (NCPCF) haben sie eine Studie mit dem Titel „Erfundener Terrorismus – Rechtsmissbrauch der präventiven Strafverfolgung“ veröffentlicht.

Für die Studie untersuchten die Autoren den „Kampf gegen den Terrorismus“ der USA. Die Vereinigten Staaten gaben an, dass sie durch Terroristen im eigenen Land einer ständigen Bedrohung ausgesetzt seien. Die Autoren werteten die offiziellen Zahlen des Justizministeriums über Einzelpersonen in den Jahren 2001 bis 2010 aus. Die einzelnen Fälle waren in der Liste „Terrorismus und terrorismusnahe Verurteilungen“ einzusehen.

72,4 Prozent der Verurteilungen wurden auf die wahrgenommene Ideologie der Angeklagten zurückgeführt und nicht auf die tatsächlich begangene Aktion. In 21,8 Prozent der Verurteilungen waren Einzelpersonen beteiligt, die mit einer kleinen nicht-terroristischen Straftat in Verbindung standen. Die Gruppe wurde jedoch von der Regierung manipuliert, um sie als „Terroristen“ dastehen zu lassen. Das Ergebnis der Studie: In 94,2 Prozent aller Verurteilungen wegen der Nähe zum Terrorismus war das FBI beteiligt.

Das FBI stellt den Leuten dazu Geld und Ausrüstung zur Verfügung und treibt sie zu Terrorakten an. Kurz vor der Ausführung schlagen die Agenten zu, um die vermeintlichen Terroristen zu verhaften und sie der Öffentlichkeit als solche zu präsentieren.

Die New York Times berichtete bereits im Jahr 2012 von der Methode der US-Behörden. Sie brachten den Studenten Mohamed Osman Mohamud dazu, einen Bombenanschlag auf eine Weihnachtsbaum-Zeremonie in Portland auszuführen. Dafür stellten sie ihm die Bomben-Attrappe zur Verfügung und fuhren auch das damit beladene Auto. Als die Bombe nach dessen Aktivierung nicht zündete, nahmen die Agenten den gemachten Attentäter fest.

Diese Methode ist in den USA nicht illegal. Sie werde oft bei Drogenverkäufern in den USA angewandt, sagt Mika German, NCPCF-Anwalt und ehemaliger FBI-Agent. Jedoch mache dies bei der Terrorbekämpfung keinen Sinn.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...