Gemischtes

USA: Supreme Court legalisiert Homo-Ehe in allen Bundesstaaten

Lesezeit: 2 min
26.06.2015 22:18
Das amerikanische Höchstgericht hat am Freitag mit einem historischen Urteil den Weg für die Ehe von Schwulen und Lesben in den USA geebnet. Das Gericht entschied, dass die schwule Paare nach dem Gleichheitsgrundsatz das Recht hätten, eine Ehe wie Heterosexuelle zu schließen. Die Entscheidung hat in den USA bereits eine juristische und eine gesellschaftliche Debatte ausgelöst.
USA: Supreme Court legalisiert Homo-Ehe in allen Bundesstaaten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Ein historisches Urteil ermöglicht es Schwulen und Lesben, in den USA künftig im ganzen Land legal heiraten. Das höchste Gericht sprach ihnen am Freitag nach ihrem jahrzehntelangen Kampf um Gleichberechtigung ein landesweites Recht auf gleichgeschlechtliche Eheschließungen zu. Die in 13 von 50 Staaten sowie in Teilen von Missouri bestehenden Verbote der Homo-Ehe müssen damit aufgehoben werden. Präsident Barack Obama bewertete die Entscheidung als «Sieg für Amerika».

Die mit fünf zu vier Richterstimmen äußerst knappe Entscheidung des Supreme Court ist der bislang größte rechtliche Erfolg für Schwule und Lesben in den USA. Gleichgeschlechtliche Paare dürften ihr grundlegendes Recht zu heiraten nun frei ausüben. «Nie wieder darf ihnen diese Freiheit verwehrt werden», schrieb Richter Anthony Kennedy stellvertretend für die fünf Befürworter. In ihrer Begründung stützten diese sich auf das im 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung verankerte Gleichbehandlungsgebot. Derzeit erlauben 36 Staaten sowie der Bundesdistrikt Washington D.C. die Homo-Ehe.

In ihren Gegenstimmen kritisierten die vier unterlegenen Richter die Entscheidung. «Das Urteil ist in einem Stil abgefasst, der so anmaßend ist wie sein Inhalt egoistisch ist», schrieb Richter Antonin Scalia in seiner abweichenden Begründung. Kritiker kündigten zugleich an, das Urteil mit allen Mitteln anzufechten. «Die heutige Entscheidung ist vollkommen unrechtmäßig», teilte der Verband National Organization for Marriage (NOM) mit. «Wir weisen sie zurück und die Amerikaner werden es auch tun.» Richter John Roberts kritisierte, dass die Homo-Ehe per Gesetz hätte gereget werden müssen und nicht per Gerichtsentscheid. Fox-Analyst Andrew Napolitano, selbst Richter, kritisierte, dass der Supreme Court mit dem Urteil die Verfassungen von mehreren Bundesstaaten ausgehebelt habe. Dies führe zu einer Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit in den USA.

Interessanterweise kommt Kritik an dem ganzen Prozess aus Feministinnen-Kreisen: Katherine Franke, Professorin an der Columbia Universität, sagte in einer hörenswerten Serie der New York Times, dass sie es seltsam finde, dass sich die schwule Community ausgerechnet die Ehe als erstrebenswertes Ziel ausgesucht hätten. In der feministischen Bewegung stehe man der Ehe sehr kritisch gegenüber, weil sie in der Regel den Frauen viel an Unterdrückung und Abhängigkeit beschert habe. Außerdem finde sie es bedenklich, dass der Staat überhaupt dafür zuständig sei, bestimmte Lebensformen zu sanktionieren. Durch die Legalisierung der Homo-Ehe seien nun andere PAare diskriminiert, die grundsätzlich nicht heiraten wollten. Der Staat müsse alle Beziehungen gleich behandeln.

«Amerika sollte sehr stolz sein», sagte Obama im Rosengarten des Weißen Hauses kurz nach Veröffentlichung des Urteils. «Diese Entscheidung wird dem bisherigen Flickenteppich an Regelungen ein Ende bereiten.» Die Amerikaner könnten stolz sein. Auf Twitter bezeichnete Obama das Urteil als großen Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung und fügte den Hashtag #LoveWins («Liebe siegt») hinzu. Bei seiner Wahl im Jahr 2008 hatte er sich noch gegen die Homo-Ehe ausgesprochen, war vor seiner Wiederwahl im Jahr 2012 aber ins Lager der Befürworter gewechselt.

«Die heutige Entscheidung bestätigt, was Millionen quer durchs Land bereits tief in ihren Herzen wissen. Unsere Liebe ist gleich», sagte Hauptkläger Jim Obergefell. Er hatte sich durch die Instanzen gekämpft, um als Witwer seines im Alter von 48 Jahren gestorbenen Partners John Arthur anerkannt zu werden. Obama rief Obergefell am Freitag an, um zu dem juristischen Sieg persönlich zu gratulieren.

Vor dem Gerichtsgebäude in Washington versammelten sich Hunderte Befürworter der Homo-Ehe. Kurz nach der Entscheidung fielen sie sich jubelnd in die Arme, feierten die Entscheidung und sangen die amerikanische Nationalhymne.

Auch die Präsidentschaftskandidaten nutzten die Chance, um sich zum Thema Homo-Ehe zu positionieren. Der Supreme Court hätte die Entscheidung den Bundesstaaten überlassen müssen, schrieb Jeb Bush, der als Favorit für die republikanischen Vorwahlen gehandelt wird. Das Wahlkampf-Logo von Hillary Clinton erschien dagegen in den Regenbogenfarben der LGBT-Gemeinde. «Stolz, einen historischen Sieg für Ehe-Gleichheit zu feiern», schrieb die Demokratin auf Twitter.

Das Thema spaltet die Amerikaner seit Jahren. Schon zum Auftakt der Verhandlungen Ende April hatten sich die Richter uneins gezeigt. Jüngsten Umfragen zufolge zählt sich die Mehrheit der Bevölkerung aber mittlerweile zu den Befürwortern. Vor allem im letzten Jahrzehnt hat sich die Stimmung zugunsten der Homo-Ehe gewandelt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...