Politik

Merkel: Griechenland ist am Zug

Die SPD rechnet nicht damit, dass die griechischen Banken nach dem angekündigten Referendum wieder öffnen können. Auf die Seite der griechischen Regierung schlägt sich die Linke und verteidigt das Referendum.
29.06.2015 10:45
Lesezeit: 2 min

Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wollen sich ab etwa 14.30 Uhr in Berlin zur Griechenland-Krise äußern. Dann würden sie die Presse gemeinsam unterrichten, erklärt das Bundeskanzleramt. Die Kanzlerin sieht Griechenland am Zug, um einen Ausweg aus der Krise zu finden, wie sie nach Aussagen von Teilnehmern im CDU-Präsidium sagt. Man könne in der Krise nur von Tag zu Tag entscheiden.

Der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny geht nach eigenen Worten davon aus, dass die Mehrheit der Griechen in der Euro-Zone bleiben will. Dies könnte eine Basis für weitere Gespräche sein.

Industriepräsident Ulrich Grillo hat davor gewarnt, dass Griechenland nach dem Motto „Koste es, was es wolle“ in der Eurozone bleibt. „Griechenland kann nicht um jeden Preis in der Währungsunion gehalten werden“, sagte Grillo am Montag in Berlin. Klar sei, dass ein Grexit für die stark von Importen abhängige griechische Wirtschaft ein Riesenproblem wäre. Die deutsche Industrie könnte die unmittelbaren Folgen eines Euro-Austritts der Griechen aber gut verkraften, weil der Handel zwischen beiden Ländern überschaubar sei.

Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone würde nach Einschätzung des stellvertretenden SPD-Fraktionschefs Carsten Schneider Deutschland teuer zu stehen kommen. "Dass das was kostet, ist vollkommen klar", sagte Schneider am Montag der ARD mit Blick auf die nach Expertenschätzung gut 80 Milliarden Euro Forderungen an Griechenland, für die Deutschland in der Haftung steht. "Ganz weg ist es nicht", sagte Schneider zu dieser Summe. Aber er sei sicher, dass Griechenland diese Gesamtsumme nicht zurückzahlen können werde, wenn das Land den Währungsraum verlassen sollte.

Auf die Frage, wie diese deutschen Haftungen finanziert werden sollten, sagte Schneider: "Ich meine, das müssten dann auch gerade diejenigen, die die stärkeren Schultern haben, auch bezahlen". Damit, dass die griechischen Banken nach dem angekündigten Referendum am kommenden Sonntag wieder öffnen können, rechnet Schneider nicht, so Reuters. "Davon würde ich nicht ausgehen", sagte er. Im Übrigen werde die griechische Regierung weiterhin mit Vertrauensproblemen ihrer Gläubiger zu tun haben. "Wenn das Volk dem Euro zustimmen würde, müsste die griechische Regierung zurücktreten", sagte er. Denn ein solches Votum könnte sie nicht umsetzen, weil das ihren eigenen Vorstellungen letztlich widerspreche. Die finanziellen Rettungsbemühungen für Griechenland waren Ende der vergangenen Woche gescheitert.

Die Linkspartei hat den Schritt der griechischen Regierung unterdessen verteidigt, ein Referendum über die geforderten Reformmaßnahmen abzuhalten. «Ich finde das ist ein richtiger Weg, so geht Demokratie», sagte Parteichefin Katja Kipping am Montag im ARD-«Morgenmagazin». «Ausbaden muss das die Bevölkerung und deswegen soll sie darüber entscheiden», sagte Kipping mit Blick auf die Reformmaßnahmen.

Sollte es zu einem «Grexit», also dem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro, kommen, sieht Kipping die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gescheitert, so die dpa. «Dann wird Angela Merkel als die Kanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen, unter der womöglich der Anfang vom Ende der Euro-Zone begonnen hat.»

Angela Merkel ist wenige Stunden vor dem totalen Crash in Griechenland abgetaucht. Das einzige, was duchsickert: Sie habe mit US-Präsident Barack Obama telefoniert. Am Vorabend einer europäischen Katastrophe hören wir nichts von der deutschen Bundeskanzlerin.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schlimmer als Finanzkrise oder Dotcom-Blase: Finanzexperte warnt vor einem globalen Beben
16.04.2025

Ulrik Ross, Ex-Banker bei Merrill Lynch, Nomura und HSBC, warnt vor einer Krise historischen Ausmaßes. Der globale Handelskrieg sei nur...

DWN
Panorama
Panorama „Tag des Sieges“ in Russland: Mehr als 20 Staatschefs stehen auf Putins Gästeliste
16.04.2025

Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Langsam zeichnet sich ab, wer am 9. Mai mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Sieg...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Whistleblowerin erhebt schwere Vorwürfe: Meta soll Nutzerdaten mit China geteilt haben
16.04.2025

Ein neuer Skandal erschüttert den US-Techgiganten Meta. Die ehemalige Facebook-Managerin Sarah Wynn-Williams, früher Director of Global...

DWN
Politik
Politik Taser statt Pistole: Kann die Elektrowaffe Gewalt verhindern?
16.04.2025

In Deutschland wird die Polizei immer häufiger mit Taser, auch bekannt als Distanzelektroimpulsgeräte, ausgestattet, um Gewalt zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bitcoin überrascht mit starkem Wochenplus – geopolitische Spannungen treiben Anleger in digitale Zufluchtsorte
16.04.2025

Während die etablierten Finanzmärkte angesichts von Handelszöllen, geopolitischen Unsicherheiten und einem wachsenden Vertrauensverlust...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilien kaufen: Worauf Sie beim Wohnungskauf unbedingt achten müssen – eine Schritt-für-Schritt Anleitung
16.04.2025

Der Immobilienkauf: Wahrscheinlich eine der größten und wichtigsten finanziellen Entscheidungen, die man im Leben macht. Manche kaufen...

DWN
Politik
Politik Digitalministerium: Verpflichtende digitale Identität in Koalitionsvertrag – Hacker kritisieren Überwachung
16.04.2025

Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine konsequente Digitalisierung, eine neue Behörde und eine verpflichtende digitale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Schutzzölle: Protektionismus mit Bumerang-Effekt – Warum Amerikas Wirtschaft mehr verliert als gewinnt
16.04.2025

Mit dem Versprechen, amerikanische Arbeitsplätze zu schützen, setzt Trump auf neue Zölle – doch Experten warnen vor langfristigen...