Politik

Schäuble an USA: „Nehmt Griechenland, wir holen Puerto Rico in den Euro“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat US-Finanzminister Jack Lew angeboten, Griechenland gegen Puerto Rico zu tauschen. Angesichts der drohenden humanitären Katastrophe in Griechenland haben die Amerikaner kein Verständnis für die Art von „Humor“.
09.07.2015 18:34
Lesezeit: 2 min

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist bekannt für seinen Zynismus. Nun hat er am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Frankfurt von einem Vorschlag berichtet, den er dem amerikanischen Finanzminister Jack Lew gemacht habe, meldet Bloomberg: „Ich habe meinem Freund Jack Lew angeboten, dass wir Puerto Rico in die Euro-Zone aufnehmen könnten, falls die Vereinigten Staaten willens wären, Griechenland in die Dollar-Union aufzunehmen.“ Schäuble berichtet über Lews Reaktion, dass „dieser geglaubt hat, das sei ein Scherz“.

Puerto Rico steckt wie Griechenland in einer Schulden-Krise. Das Land hat 72 Milliarden Dollar Schulden, der Gouverneur des Landes sagt, das Land könne die Summe nicht bezahlen. Griechenland steht bei der EU und dem IWF mit 340 Milliarden Euro in der Kreide.

Die Amerikaner sind sichtlich befremdet über diese Art von „Humor“: Sie sehen die Katastrophe in Griechenland kommen und drängen auf eine Einigung der EU mit Athen. Lew sagte am Mittwoch, dass ein Crash in Griechenland völlig unnötig sei. Die Kosten eines Zusammenbruchs können nach Lews Einschätzung „hunderte Milliarden Euro“ betragen. Es ist nach Einschätzung in Washington keinesfalls die Zeit für zynische Sprüche. Die Amerikaner sind es gewohnt, in Krisensituationen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit Schaden abzuwenden. Die USA unterstützen die Position des IWF und fordern einen Schuldenschnitt für Griechenland.

Schäuble ist in dieser Frage auf Kollisionskurs mit den Amerikanern und lehnt einen Schuldenschnitt kategorisch ab. Zwar argumentiere der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die griechischen Staatsschulden ohne einen Erlass nicht tragfähig sein könnten, sagte Schäuble am Donnerstag auf einer Bundesbank-Konferenz in Frankfurt. Doch dies sei nicht möglich: „Die europäischen Verträge schließen einen Schuldenschnitt aus.“ Oberstes Ziel müsse es sein, dass die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig werde. Sonst stehe das Land in wenigen Jahren vor den gleichen Problemen.

Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass Peter Spiegel, FT-Korrespondent in Brüssel, ausgerechnet heute einen alten FT-Artikel aus dem Jahr 2010 ausgräbt. Darin wird berichtet, dass Schäuble von allem Anfang eine Beteiligung des IWF an der europäischen Schulden-Krise abgelehnt hat. Der IWF ist mehrheitlich von den USA finanziert und stimmt seine Politik üblicherweise eng mit der US-Regierung ab:

Die EU und Griechenland haben sich selbst unter Druck gesetzt und wollen bis Sonntag zu einer Einigung kommen. Schäuble hat in den vergangenen Wochen nichts mehr zu diesen Anstrengungen beigetragen. Er hat sich betont genervt gezeigt und sich in einem In-Fight mit dem mittlerweile zurückgetretenen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis verzettelt.

Die CDU/CSU zeigt in der Krise überraschend deutliche moralische Zerfallserscheinungen: Am Mittwoch hatte der Sprecher der EU-Konservativen (EVP) im EU-Parlament eine aggressive Suada gegen „die Griechen“ und deren Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Stapel gelassen.

Schäuble ist im politischen Berlin wegen seiner grenzwertigen Auftritte gefürchtet: Vor Jahren hatte er seinen Pressesprecher wegen einer Petitesse öffentlich gedemütigt (Video am Ende des Artikels).

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik 50 Jahre Abkommen von Helsinki – ein Pakt ohne Erbe
09.08.2025

Vor 50 Jahren versprach das Abkommen von Helsinki eine neue Weltordnung aus Kooperation und Respekt. Heute, im Zeitalter hybrider Kriege,...

DWN
Technologie
Technologie Globale Bank-ID: Yubico-Gründerin will Passwörter abschaffen – Milliardenpotenzial für deutsche Firmen
09.08.2025

Die Gründerin von Yubico will mit ihrer Stiftung Siros ein globales, offenes System für digitale Identitäten schaffen – sicher wie ein...

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...