Finanzen

Suez-Kanal: Prestige-Projekt mit erheblichen Risiken

Der neue Arm des Suez-Kanals ist ein erhebliches Risiko für die Ägypter: Viele haben ihre Ersparnisse in Anteilscheine an dem nationalen Prestige-Projekt gesteckt. Doch bis heute fehlt eine Machbarkeitsstudie. Wegen der aufziehenden Rohstoff-Krise könnte das Projekt zu Milliarden-Debakel werden.
07.08.2015 01:21
Lesezeit: 2 min
Suez-Kanal: Prestige-Projekt mit erheblichen Risiken
Keine guten Voraussetzungen für den neuen Suez-Kanal: Der Welthandel ist klar rückläufig. (Grafik: Wolfstreet.com)

Ägyptens Präsident Abdel Fatah al-Sissi hat bei der Eröffnung des neuen Suez-Kanals dem Terrorismus den Kampf angesagt. Vor Staatsgästen aus Frankreich, Russland sowie arabischen und afrikanischen Ländern erklärte er am Donnerstag, die einjährige Arbeit an der Erweiterung der wichtigen Schifffahrtsstraße sei nicht unter normalen Umständen vonstattengegangen. "Während dieses einen Jahres hat Ägypten der gefährlichsten terroristischen Bedrohung gegenübergestanden, welche die Welt in Brand setzen würde, wenn sie es könnte", sagte der Präsident. Die ungewöhnlichen Umstände, unter denen der 1869 eröffnete Suez-Kanal erweitert worden sei, existierten noch immer, sagte Sissi. "Wir bekämpfen sie, und wir werden sie besiegen."

Die ägyptische Führung bezeichnet die Muslimbruderschaft als terroristische Vereinigung und geht mit äußerster Härte gegen sie vor. Der von den Muslimbrüdern unterstützte, erste frei gewählte Präsident des Landes, Mohammed Mursi, war vor zwei Jahren vom Militär gestürzt worden. Sissi war damals Generalstaatschef.

Von der acht Milliarden Dollar teuren Erweiterung des Kanals erhofft sich Ägypten einen kräftigen Schub für seine Wirtschaft. Die Kanalbehörde rechnet mit einer Umsatzsteigerung auf mehr als 13 Milliarden Dollar im Jahr 2023 von rund fünf Milliarden Dollar im vergangenen Jahr. Statt der derzeit täglich 49 Schiffe pro Tag sollen einmal 97 den Suez-Kanal passieren. Mit der Kanalerweiterung will Sissi sich aber auch als starker Mann profilieren, der dem Land nach einer Zeit der Unruhe Stabilität und Wohlstand bringt.

Tatsächlich könnte der Verweis auf den Terror ein erster dezenter Hinweis sein, dass es sich bei dem Prestige-Projekt um einen Akt der politischen Selbstdarstellung handelt. Denn eine Machbarkeitsstudie wird von der ägyptischen Regierung bis heute unter Verschluss gehalten. Die Regierung hatte die Sparer motiviert, Anteilsscheine an dem Projekt zu zeichnen und verspricht einen Verzinsung von 12 Prozent.

Tatsächlich befindet sich ausgerechnet die Fracht-Industrie wegen der aufziehenden Rohstoff-Krise schon jetzt in einer Art Schockstarre:

 

Alle internationalen Logistiker kappen ihre Prognosen. Auch die Deutsche Post beklagt, dass das Frachtgeschäft alles andere als gut läuft. Der Baltic Dry Index eilt von einem Tiefsstand zum nächsten. Die Container-Industrie meldet, dass immer mehr Kapazitäten aus dem Markt genommen werden müssen - wegen Unterauslastung. Tony Sagami hat die Probleme in einer guten Übersicht zusammengefasst.

Sollte die Weltwirtschaft tatsächlich wegen des Verfalls der Rohstoffpreise einbrechen, hätten in Ägypten vor allem die Sparer ein Problem. Ihnen wurde ihr Investment als Akt der nationalen Selbstachtung verkauft. Brechen die Märkte jedoch ein, wird die ägyptische Regierung ihre Rendite-Versprechen nicht halten können. Die Auswirkungen auf die soziale Lage im Land sind in diesem Fall nicht abzuschätzen. Mit dem Verweis auf den Terror kann die Regierung des Armeegenerals allerdings die Bürgerrechte jederzeit einschränken, um neue Unruhen im Keim zu ersticken. Wie hart sie gewillt ist vorzugehen, hat sie schließlich im Kampf gegen die demokratisch gewählten Muslimbrüder unter Beweis gestellt.

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